Ende November trafen sich Aktive, Expert*innen und Interessierte in Wien, um gemeinsam Ideen für...
Automatisierte Kraftfahrzeuge: Noch nicht bereit für unsere Städte
Der Dieselskandal wächst immer weiter an, schon greift die Autoindustrie nach der Hoffnung Roboterauto zur Absatzsteigerung. Staatliche Förderungen werden ausgeschüttet, Testfahrzeuge sind bereits auf öffentliche Straßen unterwegs. Dabei ist die Technologie erst in den Kinderschuhen und kleinste technische Fehler im Straßenverkehr können schwerwiegende Folgen haben. Die Radlobby hat sich die aktuellen Entwicklungen genauer angesehen und zeigt die notwendigen Handlungsfelder auf, um das Geschäftsmodell maschinelles Fahren in eine für die Gesellschaft vorteilhafte Richtung zu lenken.
Intensive technische Bewährung
Nach den ersten Testbetrieben international ist klar: Fahrzeuge mit automatisiertem Fahrmodus – inklusive Testbetrieb - dürfen nur nach intensiver technischer Bewährung und Prüfung eine Zulassung zum Betrieb auf öffentlichen Straßen bekommen. Zeitgleich braucht es verkehrspolitische Rahmenbedingungen, welche die Vorteile von maschinellem Fahren für die Stadt mit menschlichem Maßstab nutzbar machen und schädliche Auswirkungen auf die Allgemeinheit hintanhalten.
Unter Roboterautos versteht man Kraftfahrzeuge, die statt von einer Person von einer Maschine gelenkt werden. Technokraten der 1930er Jahre stellten sich so die 2000er Jahre vor. Die Belastungen für die Gesellschaft durch die Massenmotorisierung aber führen zu einem Umdenken in vielen österreichischen Gemeinden. Anstelle der Techno-Utopie setzte sich ein menschliche Sehnsucht durch: Städte für Menschen gewannen an Beliebtheit. Sie sind lebenswert, sicher und leise. Man kann aus mehreren Verkehrsmitteln wählen und kommt angenehm und flott voran.
Realitätskonflikt
Aktuell diskutierte Konzepte von maschinell gelenkten Fahrzeugen und deren Testbetriebe kommen mit der Realität moderner Städte bisher nicht zurecht. Alleine im März 2018 wurden zwei Menschenleben durch Roboterautos ausgelöscht. Die 49-Jährige Elaine Herzberg überquerte zu Fuß eine Fahrbahn in Tempe, Arizona, als ein Fahrzeug des Fahrdienstes Uber sie ungebremst mit überhöhter Geschwindigkeit erfasste und tödlich verletzte. Sechs Sekunden lang hatten die Sensoren ein Hindernis registriert, die Software aber eine Notbremsung untersagt und die Lenkerin ignorierte das Verkehrsgeschehen. Kurze Zeit später wurde der 38 Jährige Wei Huang in seinem Elektro-Geländewagen tödlich verletzt. Er war maschinell gelenkt ungebremst mit über 110 Stundenkilometer in eine Betonabsperrung gerast. Beide Zusammenstöße waren für den/die Fahrerin einige Sekunden vor dem Aufprall absehbar. Maßnahmen zur Abwendung der Tragödie blieben in beiden Fällen von Mensch und Maschine aus.
Es ist anzunehmen, dass mehr maschinell gelenkte Fahrzeuge nicht nur Vorteile mit sich bringen. Es braucht entsprechende verkehrs- und städteplanerische Konzepte und fiskale Steuerung, um passende Rahmenbedingungen zu schaffen. Diese sollen Maßnahmen für ein lebenswertes Stadtleben für Menschen priorisieren und automatisierte Fahrzeuge in deren Dienst stellen. Ziel einer zeitgemäßen Verkehrspolitik sind Straßen als Orte des Lebens.
Grundanforderungen der Radlobby an teilweise maschinell gelenkte Fahrzeuge:
- Einhaltung der Tempolimits und der aktuellen Gesetzteslage
- Berücksichtigung des Überholabstandes von 1,5 Meter bei Fahrrädern
- Abstände und Geschwindigkeiten müssen menschliches Eingreifen samt Reaktionszeit ermöglichen
- Betrieb nur mit aktivierten Notbremseinrichtungen
- Zuverlässige Erkennung aller Arten von FußgängerInnen, Radfahrenden und sonstiger VerkehrsteilnehmerInnen
- Zuverlässiges Anhalten in unklaren Verkehrssituationen
- Notwendige Maßnahmen in den Bereichen Gesetzgebung, Ministerien und Gemeinden:
- Orientierung der Verkehrspolitik an den Anforderungen des Umweltverbunds (Fuß-, Rad- und öffentlicher Verkehr)
- Regulative Maßnahmen zur Vermeidung chronischer Überlastung der Straßeninfrastruktur
- Festlegung von Straßenzügen, auf denen maschinelles Fahren zulässig ist
- Periodische Überprüfung der Fahrzeuge auf Einhaltung der Voraussetzungen zu Betriebserlaubnis
- Die Befähigung zum Lenken eines teilautomatisierten Fahrzeugs ist nachzuweisen und kann z.B. im Rahmen der Führerscheinausbildung erfolgen
- Einrichtung eines Entschädigungsfonds für durch automatisierte Fahrzeuge zu Schaden gekommene VerkehrsteilnehmerInnen und Bedeckung dieses Fonds durch Beiträge der Betreiber solcher Fahrzeuge.
- Jährliche systematische Analyse von Verkehrsabläufen und Unfallgeschehen zur Gefahrenabwehr