Infrastrukturleitlinien der Radlobby Wien

Aufbauend auf die Radstrategie für Österreich hat die Radlobby Wien in einem breiten Diskussionsprozess ab 2015 zehn Prinzipien einer sicheren, als sicher empfundenen und komfortablen Radinfrastruktur identifiziert.

Diese folgenden zehn Leitlinien bilden die Basis für unsere Infrastruktur-Analysen und sollen dazu dienen, das Verständnis für die Anforderungen an Radinfrastruktur in der Öffentlichkeit sowie in der Verwaltung und Politik zu verbessern.

Leitlinien für sichere, zukunftsfähige Radinfrastruktur

Radverkehrsplanung ist Angebotsplanung für eine kontinuierlich wachsende Zahl von Rad fahrenden VerkehrsteilnehmerInnen. Um dieser Herausforderung zukunftsfähig gerecht zu werden und die positiven gesundheitlichen und volkswirtschaftlichen Effekte von Radverkehr weiter zu steigern, müssen verkehrsplanerische und verkehrspolitische Entscheidungen eine hohe Qualität der Radinfrastruktur für alle Nutzergruppen zum Ziel haben. Verkehrssicherheitsmaßnahmen im Allgemeinen müssen sich an der „Vision Zero“ orientieren, also am immanenten Ziel der gänzlichen Vermeidung von tödlichen oder schweren Unfällen. Lebensqualität in einer modernen Stadt bedeutet, dass „Straßen für Alle“ geplant und gebaut werden. Straßen müssen als Orte des Lebens, und nicht der Lebensgefahr, gestaltet sein.

Radinfrastruktur muss Sicherheit, Sicherheitsgefühl und Komfort bieten.

Radverkehrsintegration bei wenig motorisiertem Verkehr und niedriger gefahrener Geschwindigkeit erhöht die Lebensqualität und die Verkehrssicherheit für alle. Attraktiver Radverkehr im Mischverkehr bedeutet gefahrene Geschwindigkeiten bis 30 km/h und Verkehrsberuhigung, Fahrradstraßen, Begegnungszonen sowie autofreie Stadteile. Nur echte Verkehrsberuhigung oder zukunftsfähige baulich getrennte Radinfrastruktur je nach gewünschtem Verkehrsumfeld können das Ziel des sicheren attraktiven Radverkehrs herbeiführen.

Die zehn Leitlinien:

  1. Die gesamte Radinfrastruktur soll für alle Alters- und Nutzergruppen sowie für alle Mobilitätszwecke intuitiv nutzbar und attraktiv sein. Diese Infrastruktur soll als durchgängiges Radverkehrsnetz Quellen und Ziele verbinden, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Radverkehrs fördern und flächendeckend sowie in hoher Qualität errichtet werden.
     
  2. Die dafür nötige Umverteilung des öffentlichen Verkehrsraums muss die Interessen und den Platzbedarf von Fuß- und Radverkehr ausreichend berücksichtigen. Radinfrastruktur darf also nicht auf Kosten von Flächen für FußgängerInnen errichtet werden. Gemischter Rad- und Fußverkehr ist punktuell sinnvoll und soll nur gezielt eingesetzt und gestaltet werden.
     
  3. Die Kapazitäten für den Radverkehr müssen zukunftsfähig für die gewünschte Erhöhung des Radverkehrs festgelegt und bei allen Baumaßnahmen berücksichtigt werden. Die Breitengestaltung von Radwegen muss Möglichkeiten zum Überholen und Nebeneinanderfahren berücksichtigen. Kurvenradien und Sichtbeziehungen müssen entsprechend der projektierten Geschwindigkeit gewählt werden.
     
  4. Radstreifenlösungen sind nur unter bestimmten Umständen, die Flüssigkeit, Sicherheit und Attraktivität für den Radverkehr zulassen, zielführend und sollen nicht als generelles Instrument eingesetzt werden.
     
  5. Die Wegweisung für den Radverkehr muss durchgängig, einheitlich, informativ und gut sichtbar sein.
     
  6. Gute Radverkehrsführung vermeidet Umwege und erschließt direkte Verbindungen. Diese Prinzipien entsprechen dem Konzept einer „Stadt der kurzen Wege“.
     
  7. Multimodale Wegeketten brauchen geeignete Schnittstellenangebote für Rad und ÖV an Knotenpunkten und entsprechende Radnetzplanung.
     
  8. Radparkmöglichkeiten sollen sowohl im öffentlichen Raum, im Wohnbau und bei Geschäfts- und Nutzbauten bedarfsorientiert und sicher errichtet werden, in ausreichendem Ausmaß witterungsgeschützt und absperrbar. Monitoring, Betreuung und Wartung brauchen zeitgemäße Lösungen. Barrierefreie Zugänglichkeit und Auffindbarkeit durch gut sichtbare Beschilderung stellen wichtige Erfolgskriterien für Radabstellanlagen dar.
     
  9. Alle Infrastruktur-Maßnahmen für den Radverkehr brauchen kontinuierliche Evaluierung und Benchmarking anhand von objektiven Kennzahlen.
     
  10. Budget und Personalressourcen der Stadtverwaltung für Radverkehrsmaßnahmen müssen entsprechend den politischen Zielwerten für den Radverkehr gestaltet sein. Um Radverkehr attraktiv gestalten zu können ist ein Radverkehrsbudget von mindestens 50€ pro Einwohner und Jahr notwendig.