Anlagearten von Radverkehrsinfrastruktur
Was gemeinhin als „Radweg“ verstanden wird, ist oft kein Radweg. Meist handelt es sich um eine von vielen Anlagearten (siehe dazu das Wiener Rad“wege“netz). Wir wollen ein bisschen Licht ins Dunkel bringen und erläutern im Folgenden die einzelnen Anlagearten von Radverkehrsinfrastruktur.
Rechtliche Grundlagen:
In Österreich sind die Anlagearten hauptsächlich in zwei Gesetzestexten behandelt: in der Straßenverkehrsordnung (StVO) und in der Bodenmarkierungsverordnung (BmVO).
Die Richtlinien für das Verkehrs und Straßenwesen (RVS) unterscheiden zwischen Radverkehrsanlagen und Radfahranlagen.
Radverkehrsanlagen (RVA) ist ein allgemeiner Begriff und bezeichnet all jene Flächen, wo Radverkehr zulässig ist, also allgemeine Fahrbahnen, Fußgängerzonen (sofern Radfahren erlaubt) , Begegnungszonen, Wohnstraßen etc. und Radfahranlagen. Schnellstraßen, Autobahnen sowie Gehsteige sind keine Radverkehrsanlagen.
Radfahranlagen (RFA) hingegen ist eine spezielle Gruppe von Anlagen mit gesonderten Regeln. Als RFA gelten Radfahrstreifen, Mehrzweckstreifen, Radwege, Geh- & Radwege und Radfahrerüberfahrten. Mit der Definition als RFA gehen allerhand Regeln zur Benützung einher.
Untenstehend eine bebilderte Auflistung und Beschreibung der einzelnen Anlagearten.
- Radfahrstreifen (RFS)
- Mehrzweckstreifen (MZS)
- Radweg (RW)
- Geh- und Radweg (GRW)
- Radfahrerüberfahrt (RFÜ)
- Einbahnstraßen und geöffnete Einbahnen (Radfahren gegen die Einbahn - RgE)
- Verkehrsberuhigte Bereiche
- Radroute
- Busspur
- Sharrow
- Bikebox
Radfahrstreifen (RFS):
Ein für den Radverkehr bestimmter und besonders gekennzeichneter Teil der Fahrbahn, wobei der Verlauf durch wiederholte Markierung mit Fahrradsymbolen.
Radfahrstreifen sind in der Regel durch Sperrlinien (durchgezogen) oder Warnlinien (6m/1m strichliert) vom angrenzenden Kfz-Fahrstreifen getrennt [BmVO §13]. Kfz dürfen Radfahrstreifen nicht benützen, außer z.B. zum Queren (Zufahrt zu Parkplatz). Bei Radfahrstreifen neben einer Parkspur mindestens 1,2 m Abstand zur Türzone einhalten.
Radfahrstreifen - Landesgerichtsstraße Richtung Norden im Bereich Landesgericht
Mehrzweckstreifen (MZS):
Ein Radfahrstreifen oder ein Abschnitt eines Radfahrstreifens, der unter besonderer Rücksichtnahme auf die Radfahrer von anderen Fahrzeugen befahren werden darf, wenn für diese der links an den Mehrzweckstreifen angrenzende Fahrstreifen nicht breit genug ist“ [StVO §2 Abs. 7a].
Mehrzweckstreifen werden zum Mischverkehr gezählt und werden leider oft falsch eingesetzt. Das betrifft insbesondere Stellen wo eine vom motorisierten Verkehr getrennte Anlage notwendig wäre (Tempo 50 und starke Kfz-Belastung), aber trotzdem Mischverkehr verordnet wird.
Solche Bereiche sind mit entsprechender Vorsicht zu befahren, da vorgeschriebene Überholabstände durch Kfz-Lenker oft unterschritten werden bzw. Autotüren geöffnet werden ohne auf Radfahrende Rücksicht zu nehmen.
Mehrzweckstreifen - Spitalgasse nördlich der Alser Straße
Radweg (RW):
Eine (meist baulich getrennte) Verkehrsfläche, die nur dem Radverkehr zur Verfügung steht. Fußgänger und sonstige Fahrzeuge dürfen Radwege nur queren aber nicht in Längsrichtung benützen. Radwege sind grundsätzlich in beide Richtungen befahrbar, sofern sich aus den Bodenmarkierungen (Richtungspfeilen) nichts anderes ergibt.
Radwege sind durch entsprechende Verkehrsschilder mit Radsymbol kundgemacht, Bodenmarkierungen alleine reichen nicht aus. Ein rundes Schild mit Radsymbol symbolisiert Benützungspflicht, ein eckiges Schild bedeutet, dass auch die Fahrbahn daneben benützt werden darf.
Geh- & Radweg (GRW):
Eine für den Fußgänger- und Fahrradverkehr bestimmte und als solche gekennzeichnete Verkehrsfläche. Es gibt Geh- & Radwege mit oder ohne Trennung zwischen Fuß- und Radverkehr. Eine Trennung erfolgt in der Regel durch einen abgeschrägten Randstein, manchmal auch (nicht empfohlen) durch eine weiße Linie. Geh- & Radwege werden durch eigene Verkehrszeichen beschildert.
Eine vertikale weiße Linie zwischen dem Geh- und Radsymbol am Verkehrszeichen symbolisiert eine eventuelle Trennung. Welche Fläche für den Rad- und welche für den Fußverkehr vorgesehen ist, ergibt sich bei getrennten Geh-& Radwegen aus der Anordnung (links oder rechts) auf dem Verkehrszeichen und den Bodenmarkierungen (blaues Piktogramm mit weißem Inhalt). Auch Geh- und Radwege können von der Benützungspflicht (für den Radverkehr) ausgenommen werden, was durch ein eckiges Schild (statt eines runden) ersichtlich ist.
Radfahrerüberfahrt (RFÜ):
„Zebrastreifen“ für Radfahrer, dient der Verbindung von Radverkehrsanlagen über Kreuzungen hinweg. Radfahrerüberfahrten sind mittels Blockmarkierung (mehrere weiße Vierecke mit 50cm Seitenlänge) gekennzeichnet. Wenn sie an einen Zebrastreifen anschließen, kann diese Seite der Blockmarkierung entfallen.
RadfahrerInnen dürfen sich ungeregelten (i.e. ampelfreien) Radfahrerüberfahrten nur mit einer Geschwindigkeit von 10 km/h nähern. Der Querverkehr hat Radfahrenden das Queren ohne Gefahr zu ermöglichen.
Geregelte Radfahrerüberfahrt - Querung Florianigasse bei Landesgerichtsstraße
Einbahnstraßen und geöffnete Einbahnen (Radfahren gegen die Einbahn - RgE)
Auf Fahrbahnen kann durch das Verkehrszeichen „Einbahn“ nur eine Fahrtrichtung erlaubt sein. Von dieser Vorschrift können Ausnahmen erlassen werden, wodurch die Straße zu einer Fahrbahn mit Gegenverkehr wird.
Gehört der Radverkehr zu so einer Ausnahme, so spricht man von „geöffneten Einbahnen“. Radfahrer dürfen hier legal gegen die Einbahnrichtung fahren. Eine offene Einbahn wird mittels einer Zusatztafel („ausg. Radfahrer“) an beiden Enden der Straße („Einbahn“ und „Einfahrt verboten“) bzw. mittels dem Zusatz „ausg. Radfahrer“ innerhalb des "Einbahn verboten"-Schildes kundgemacht. Oft sind zur Verdeutlichung zusätzlich Bodenmarkierungen (Radpiktogramme, Pfeile, tlw. Warnlinien) angebracht.
Entgegen vieler Befürchtungen ist Radfahren gegen die Einbahn eine sehr sichere Anlageart, da die entgegenkommenden VerkehrsteilnehmerInnen einander sehen und sich so der Situation angepasst verhalten können. Besondere Vorsicht ist bei der Ausfahrt aus einer geöffneten Einbahn angebracht: hier gilt der Rechtsvorrang (außer örtliche Verkehrszeichen besagen anderes), aber LenkerInnen von Kfz rechnen oft – trotz Zusatztafel bzw. Bodenmarkierungen – nicht mit Radfahrern aus dieser Richtung.
Verkehrsberuhigte Bereiche:
Diese Bereiche eignen sich besonders gut zum Radfahren, da hier der Kfz-Verkehr nur „zu Gast“ ist. Als verkehrsberuhigte Bereiche gelten:
- Straßen mit Fahrverbot ausgenommen Rad (Bsp.: Hamerlingplatz, Foto),
- Fußgängerzonen, wenn Radfahren durch Beschilderung ausdrücklich erlaubt ist (Schrittgeschwindigkeit!)
- Begegnungszonen sowie
- Wohnstraßen (hier dürfen Radfahrende auch ohne Zusatztafel gegen eine ev. Einbahnrichtung fahren; Kfz dürfen nur Zu- und Abfahren; für alle Fahrzeuge gilt Schrittgeschwindigkeit und Wartepflicht beim Verlassen; Bsp.: Josefsgasse).
Fußgängerzone ausgenommen Fahrrad - Schmerlingplatz
Wohnstraße - Josefsgasse
Radroute
Radrouten sind durch grüne Tafeln gekennzeichnet und sollen längere, teilweise bezirksübergreifende Radverbindungen anzeigen, sind aber nicht an eine eigene Infrastruktur gebunden. Radrouten können auf allen oben genannten speziellen Anlagearten verlaufen, aber auch einfach auf allgemeinen Fahrbahnen geführt werden (also ohne bauliche Trennung oder Trennmarkierung.)
Radroute - Lange Gasse ab Alser Straße
Busspur
Auch Busspuren können durch entsprechende Zusatztafeln von ihrer ausschließlichen Verwendung durch Busse ausgenommen werden.
Freigegebene Busspur - Lederergasse nördlich Josefstädter Straße
Sharrow
Der Begriff „Sharrow“ setzt sich aus "Share" (teilen) und "Arrow" (Pfeil) zusammen. Damit wird eine Bodenmarkierung bezeichnet, die zum Einsatz kommt, wenn die Fahrbahnbreite selbst für einen Mehrzweckstreifen zu schmal ist.
Der "Sharrow" soll den VerkehrsteilnehmerInnen folgende Botschaften übermitteln: Radverkehr ist auf der Fahrbahn im Mischverkehr ausdrücklich erwünscht; Radfahrende sollen einen ausreichenden Sicherheitsabstand zum rechten Fahrbahnrand oder zum rechts angrenzenden Parkstreifen halten.
Sharrows - Alserstraße östlich der Feldgasse
Bikebox
Im Kreuzungsbereich können sog. Bikeboxen (= vorgezogene Haltelinien) angeordnet werden. Mit einspurigen Fahrzeugen (also auch Fahrrädern) darf dann bis zu der dem Kreuzungsmittelpunkt näheren Haltelinie vorgefahren werden. Dadurch werden Einspurige ins Blickfeld der LenkerInnen gerückt, müssen nicht in der Abgaswolke vor der Kreuzung warten und können als erste die Kreuzung überqueren.
Bikebox - Alser Straße bei Lange Gasse Richtung Osten
Hinweis: Dieser Text wurde in Zusammenarbeit der LA21-Gruppe "Radfahren in der Josefstadt" und der Radlobby Wien erarbeitet. Er ist inhaltsgleich auf der Website der Agenda Josefstadt zu finden.