Ende November trafen sich Aktive, Expert*innen und Interessierte in Wien, um gemeinsam Ideen für...
Zur Nationalratswahl: Sieben Kriterien der Radlobby
Am 15. Oktober finden die vorgezogenen Nationalratswahlen für das österreichische Parlament statt. Der neue Radlobby-Wahlkompass für Rad fahrende WählerInnen beinhaltet sieben Vorgaben an eine radfreundliche Regierung. Welche Parteien können diese Kriterien annähernd einhalten? Wir werden in den nächsten Wochen genau analysieren, welche Wahlprogramme geeignet für eine Koalition mit dem umweltfreundlichsten individuellen Verkehrsmittel sind. Gibt es also ab 2018 die Möglichkeit für eine Koalition pro Fahrrad?
Über 4 Millionen radelnde WählerInnen
Allen österreichischen WählerInnen, die ihre Alltagswege teilweise oder ausschließlich mit dem Rad zurücklegen, bieten wir dadurch eine Entscheidungshilfe. Das betrifft rund 4,8 Millionen Menschen, die laut VCÖ das Fahrrad regelmäßig nutzen. Diese stellen sich zu Recht Fragen: Ist die Partei, der man seine Stimme zu geben gedenkt, im Verkehrsbereich progressiv und verantwortungsvoll genug? Kann sie die Herausforderungen der aktuellen Klima- und Verkehrspolitik realistisch einschätzen und folgerichtig geeignete Maßnahmen setzen, damit die Rahmenbedingungen für den Radverkehr signifikant verbessert werden? Kann die kommende Regierung als erste die massiven Synergieeffekte von steigendem Radverkehr für den Gesundheitsbereich erkennen und die entsprechenden Mittel investieren?
EINS: Grundverständnis
Findet sich im Wahlprogramm der jeweiligen Partei oder Liste ausdrücklich die verkehrspolitische Bedeutung des Fahrrades als Verkehrsmittel wieder? Werden dadurch Budgetmittel auf Bundesebenen für Radverkehr ermöglicht? Wenn mehr als die Hälfte der StaatsbürgerInnen das Rad im Alltag regelmäßig nutzt, muss eine mehrheitsfähige Partei das mit klaren Worten berücksichtigen.
ZWEI: Klimaziele
Intensivieren die kandidierenden Parteien die Bemühungen der österreichischen Bundesregierung um CO2-Einsparung und Klimaschutz im Verkehr, der 45% der CO2-Emissionen in Österreich außerhalb des EU Emissionshandels verursacht, und die Vorgabe der EU, den CO2-Ausstoß bis 2030 im Vergleich zu 1990 um 40 Prozent zu senken, indem sie verbindliche Klimaziele einführen wollen?
DREI: Straßenverkehrsordnung
Die radfreundliche Novelle der StVO ist höchst an der Zeit, wurde aber durch die vorgezogenen Neuwahlen verzögert. Darin sollten sich die Abschaffung der diskriminierenden Sonder-Nachrangregeln für Radfahrende, Erleichterungen für radfahrende Kinder und Eltern, die gesetzliche Regelung des Seitenabstandes beim Überholen und die Ausnahmeregelung für Rechtsabbiegen bei Rot für Radfahrende finden.
VIER: Gesundheitsvorsorge
Bewegungsmangel und Umweltschäden haben Gesundheitskosten in Milliardenhöhe zur Folge. Mehr Alltagsradfahrende wären Teil der Lösung dieser Probleme. Der bereits existente „Nationale Aktionsplan Bewegung“ muss Maßnahmen im Radverkehrsbereich ergreifen und dafür Mittel freigeben. Das rechnet sich: Alle drei Kilometer spart ein Radfahrer einen Euro für das Gesundheitssystem.
FÜNF: Vision Zero
Das offizielle Ziel der Bundesregierung, gar keine Verkehrstoten mehr auf Österreichs Straßen beklagen zu müssen, kann nur erreicht werden, wenn Verkehrssicherheitsmaßnahmen und Geschwindigkeitsbeschränkungen auf Tempo 30/80 rigoros umgesetzt werden.
SECHS: Gerechtes Kilometergeld
Amtliches Kilometergeld für Dienstwege mit dem Fahrrad wird nur für Wege ausbezahlt, die länger als zwei Kilometer sind. Diese Grenze existiert für Kfz nicht. Während das Kilometergeld bei der Verwendung eines Autos pro Jahr mit maximal 30.000 Kilometern limitiert ist, liegt die Obergrenze bei Fahrrädern bei nur 1.500 Kilometern pro Jahr, also fünf pro Tag. Diese Ungerechtigkeiten müssen endlich beseitigt werden.
SIEBEN: Natur öffnen
Auf Forststraßen gilt generelles Fahrverbot, viel zu selten sind Radfahrende davon ausgenommen. Dadurch ist in Österreich das Radfahren im Wald meistens verboten, wohingegen es beispielsweise in Deutschland und der Schweiz grundsätzlich erlaubt ist. Daher fordert die Radlobby Österreich: Forststraßen fürs Radfahren gesetzlich freigeben.
Radlobby-Analysen folgen
Wir werden im Wochenrhythmus Analysen der Wahlprogramme von u.a. SPÖ, Liste Kurz, FPÖ, Grünen und NEOS folgen lassen - auch wenn vorauseilender Optimismus nicht angebracht ist angesichts der bekannten Positionen der meisten Parlamentsparteien zum Radverkehrsthema.