Schlechte Radwege: Wer haftet?
Wer infolge mangelhafter Radinfrastruktur zu Sturz und Schaden kommt, könnte Schadenersatzansprüche haben: Rechtsanwalt Johannes Pepelnik informiert über die Voraussetzungen und Erfolgsaussichten einer Klage gegen den Straßenerhalter:
Bei der Suche nach den Ursachen für Fahrrad-Unfälle stellt sich immer wieder auch die Frage, ob Planende oder Erhalter des Fahrradweges für den Unfall mitverantwortlich sein könnten. Denkbar sind Fälle, in denen der Gegenverkehrsbereich durch eine Litfaßsäule sichteingeschränkt ist, die Spur zu schmal oder der Kurvenradius zu eng; oder etwa der Weg durch eine herausstehende Wurzel oder einen Ast blockiert, beschädigt oder unbefahrbar wurde. In all diesen Fällen könnten Gemeinde, Stadt, Land oder eine Privatperson (auch ein Verein), die für Planung und Erhaltung des Weges verantwortlich sind, eine Mitschuld am Unfall und eine Ersatzpflicht für daraus entstandene Schäden treffen.
Wer infolge mangelhafter Radinfrastruktur zu Sturz und Schaden kommt, könnte Schadenersatzansprüche haben.
Haftungsvoraussetzungen
Um die Frage der Haftung zu klären, ist zunächst zwischen kostenlos benützbaren und kostenpflichtigen Straßen zu unterscheiden: Wenn ich eine Straße kostenlos benützen darf, greift das sogenannte Haftungsprivileg des §1319a Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs. Der Straßenerhalter haftet nur bei grober Fahrlässigkeit, wenn Personen aufgrund des mangelhaften Zustandes eines Weges getötet oder verletzt bzw. deren Sachen beschädigt werden. Grobe Fahrlässigkeit bedeutet, dass die gebotene Sorgfalt nach den Umständen des Falles in ungewöhnlichem Maße verletzt wird und der Eintritt des Schadens nicht nur als möglich, sondern als wahrscheinlich vorauszusehen ist.
Zur Frage, was grob fahrlässig ist und was nicht, gibt es umfassende Einzelfalljudikatur. In einem Fall, in dem ein Zwölfjähriger über eine Baumwurzel stolperte, die den Asphalt um ca. zehn Zentimeter gehoben hatte, erkannte der Oberste Gerichtshof (OGH), dass ein Wegehalter grob fahrlässig handelt, wenn er Jahre hindurch eine rund zehn Zentimeter hohe Erhebung des Asphaltbelags belässt, die sich durch eine in den Weg hineinwachsende Baumwurzel gebildet hat (OGH 4Ob72/01v). Bei einem Unfall zwischen einer Fußgängerin, die auf einem Gehweg plötzlich auf den niveaugleichen danebenliegenden Radweg trat und mit einem Radfahrer zusammenstieß, entschied der OGH (1Ob2183/96b), dass der Straßenhalter eine Bodenmarkierung zur Trennung von Geh- und Radweg hätte anbringen müssen. Die Haftung des Straßenhalters wurde aber im Fall eines Sturzes aufgrund einer Asphaltbodenschwelle mit der Begründung verneint, dass die Schwelle bei entsprechender Aufmerksamkeit problemlos mit 15 bis 20 km/h überfahren werden kann und der Unfall allein auf die mangelnde Aufmerksamkeit des Radfahrers zurückzuführen war (OGH 2 Ob 218/07h).
Haftung in Bikeparks
Wenn der Straßenhalter Fahrbahnarbeiten durchführt und die Straße währenddessen offen hält, muss er die gefahrlose Benützung gewährleisten (OGH 2 Ob 24/81; OGH 7 Ob 128/00z). Ausgestritten wurde der Fall eines auf Rollsplitt gestürzten Motorradfahrers: Der OGH ließ den Straßenhalter haften, weil der es unterlassen hatte, vor dem Rollsplitt zu warnen.
Sofern die Benützung einer Straße zu bezahlen ist, wird die Haftung nach §1319a ABGB durch die vertragliche Haftung verdrängt, wobei in diesem Fall leichte Fahrlässigkeit genügt. Dies spielt zum Beispiel bei mautpflichtigen Straßen oder in Bikeparks eine Rolle.
Quelle: Drahtesel