Ende November trafen sich Aktive, Expert*innen und Interessierte in Wien, um gemeinsam Ideen für...
Leihradsysteme: Verbesserungen und Ausweitungen von oBike
Seit August 2017 prägen die "free floating" Leihräder des Anbieters oBike, die in einer ersten Testphasen nach Wien gebracht wurden, das Stadtbild und die mediale Berichterstattung (Radlobby Artikel dazu HIER). Noch mehr Unruhe über allgegegenwärtige Leihradansammlungen gab es in München, wo oBike bereits 7.000 Räder implementiert hat. Um diesbezüglich für Beruhigung zu sorgen war Daniel Junge, General Manager der Bike-Sharing Plattform, aus der Schweiz für eine Pressekonferenz nach Wien angereist. Die Radlobby war mit kritischen Fragen vor Ort.
Mehr oBikes in Österreich?
Zunächst erklärte Junge den Ursprung des oBikes: Entwickelt in Singapur sollte das Leihrad den Einheimischen als grüne Transportlösung „für die letzte Meile“ dienen. Mit diesem Grundgedanken ist es nun weltweit in 14 Ländern (50 Städten) vertreten, Tendenz steigend (bald sollen es 16 bis 17 Länder sein). Über eine Millionen Menschen hätten die App bereits heruntergeladen. Das Fahrrad sei nicht für lange Strecken konzipiert, sondern nur dafür, etwa vom Bahnhof zur Arbeit zu kommen, betont Junge. Das erkläre die anspruchslose Bauweise.
Bisher seien ungefähr 800 oBikes in Wien verteilt, in naher Zukunft sollten es nicht mehr werden. Die von oBike angekündigten Auskünfte über Ausweitungen des Systems in andere österreichische Städte werden von Junge nur vage erteilt. In den kommenden Wochen werde er weitere Gespräche und Verhandlungen führen, Konkreteres will er dazu noch nicht sagen. „Wir wollen auf jeden Fall die Pläne der Städte berücksichtigen und einen kooperativen Weg gehen“. Er nennt dabei vor allem Graz, Innsbruck und Linz. Die Stadt Salzburg hat einen baldigen Start des eigenen stationsgebunden Systems "S-Bike" angekündigt, Junge gibt jedoch keinen Einblick, ob oBike auch dort aktiv werden will.
Qualität fragwürdig
Dass von den 800 in Wien verteilten Rädern bereits etwa 100 defekt sind, bietet Junge keinen Grund zur Beunruhigung. Es seien ja nicht alle Räder schadhaft, viele fielen Vandalismus zum Opfer. „Dieser ist überall ein Problem, dagegen kann man wenig machen“. Kaputte Räder würden außerdem von einem Maintainance Team repariert und ausgetauscht werden. Dieses sei auch dafür zuständig, falsch abgestellte Räder richtig zu parken. Die Tatsache, dass dieses Team bis zu einer Anzahl von 2000 Rädern aus nur zwei Personen besteht, stößt auf Verwunderung und Irritation. Junge rechtfertigt sich: „Das ist wenig, wenn Sie davon ausgehen, dass es täglich 800 Räder zu reparieren gibt. Aber das ist ja nicht der Fall“. Auf das Nachfragen der Radlobby, wie man die Qualität des Leihsystems steigern will, bittet Junge um Geduld: „Wir lernen schnell, brauchen aber auch Zeit. Wir sind dabei, Verbesserungen voran zu treiben“. Es brauche definitiv auch mehr Erziehung der User. Man überlege beispielsweise, Videos zu produzieren und ein Bonus-Malus-System einzuführen, bei dem man bei „richtigem Parken“ Punkte sammelt und im gegenteiligen Fall Punkte abgezogen bekommt. Den Vorschlag der Radlobby, wie der Anbieter Ofo die von der Radlobby verfasste Parkhilfe-Infotafel direkt am Rad anzubringen, findet Junge interessant. „Das ist eine Möglichkeit, die wir in Erwägung ziehen“.
Neue Generation von oBikes
Im Frühling 2018 soll eine neue Generation der Leihräder auf den Markt kommen. Hier wird man Feedback einarbeiten. „Die Modelle haben zum Beispiel auch eine Gangschaltung“ meint Junge lächelnd. Die Radlobby wirft ein, dass in naher Zukunft in Wien für private Fahrräder zusätzlich 18.000 Fahrradparkplätze nötig wären und will wissen, ob oBike dementsprechend Radbügel mitfinanzieren würde. Junge gibt sich diplomatisch: „Ich sage jetzt nicht ja oder nein. Wir werden das besprechen“. Das stationslose free floating System sei bewusst gewählt und soll jedenfalls auch beibehalten werden. „Vielleicht müssen wir aber auch mehr Radarkplätze in der Stadt schaffen und dafür auf Autoparkplätze verzichten“ ist Junge einsichtig.
Daniel Junge auf einem seiner oBikes. Im Frühjahr 2018 soll es neue Modelle geben.
Bedenken der Radlobby
Alec Hager, Sprecher der Radlobby, meint zu den Vorschlägen des Leihradanbieters:
"Die gute logistische und technische Betreuung ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für Leihradsysteme. Das ist keinesfalls gewährleistet wenn Obike tatsächlich mit zwei Mitarbeitern in ganz Wien das Auslangen finden möchte. Um den NutzerInnen mitzuteilen wo man die Fahrräder am besten legal parkt schlagen wir ausführliche Informationen direkt am Fahrrad vor wie es Konkurrent Ofo bereits in Wien umgesetzt hat. Natürlich können Social Media Videos da unterstützend wirken, das wird alleine aber nicht reichen. Bonus/Malus-Systeme mit Anreizen für korrektes Radparken sind eine interessante Idee, die aber technisch noch unausgereift ist. Generell sehen wir bei Obike noch zu wenig konkerete Schritte in Richtung Angebotsverbesserung und keine zuverlässigen Auskünfte über ihre Expansionspläne."