Von 16. bis 22. September findet auch heuer wieder die Europäische Mobilitätswoche statt.
Koalition mit Rad? Analyse des FPÖ-Wahlprogramms
Anlässlich der Nationalratswahl analysiert die Radlobby die Wahlprogramme der wichtigsten kandidierenden Parteien: Welche können die Kriterien für eine radfreundliche Regierung erfüllen? Gibt es ab 2018 also die Möglichkeit für eine Koalition pro Rad? Wir möchten allen österreichischen WählerInnen, die ihre Alltagswege mit dem Rad zurücklegen, eine Entscheidungshilfe bieten. Das betrifft rund 4,8 Millionen Menschen, die laut VCÖ das Fahrrad in Österreich regelmäßig nutzen.
Nach den Analysen der Wahlprogramme der SPÖ und der Grünen widmen wir uns heute dem Programm der FPÖ. Sieben Kriterien haben wir der Wahlanalyse zugrunde gelegt, im Detail HIER nachzulesen.
1. Grundverständnis Fahrrad
Das Wahlprogramm der FPÖ umfasst 29 Seiten. Der nicht-motorisierten Fortbewegung wird darin keine Bedeutung beigemessen. Der Radverkehr und dessen positive Auswirkungen auf die Gesellschaft kommen nicht vor. In den letzten Jahren fiel die FP ohnehin nur durch Forderungen nach Radnummerntafeln auf, wenigstens das bleibt den WählerInnen im Wahlprogramm erspart.
2. Klimaziele
Zum Thema Klimaschutz sucht man sowohl im Wahlprogramm als auch im Wirtschaftsprogramm der FPÖ vergeblich Verbindliches. HC Strache will zwar sauberes Wasser, gesunde Böden und hochwertige Luftqualität, konkrete Stategien zur Erhaltung selbiger bietet er jedoch nicht an. Er hält sich lieber an schwammige Formulierungen zu erneuerbaren Energieträgern und Naturschutz.
Das Wort „Klima“ findet sich im Wahlprogramm überhaupt nicht. In einem Nebensatz des Wirtschaftsprogramms zum Thema Steuern wird immerhin kritisiert, dass „Lenkungseffekte hin zum Kauf umweltfreundlicherer Fahrzeuge kaum gegeben“ sind (S. 20). Angeführt werden diese Fahrzeuge oder Möglichkeiten, den Kauf und die Benutzung selbiger zu fördern, jedoch nicht. "Fossile Ressourcen" werden zwar angesprochen, aber sind nicht aus Umweltgründen abgelehnt, sondern weil sie "endlich" sind. Nur deshalb wird gefordert: "Österreich muss daher dringend alle erforderlichen Maßnahmen setzen, um die Abhängigkeit davon drastisch zu verringern." (S. 22)
3. Straßenverkehrsordnung
Die radfreundliche Novelle der StVO ist höchst an der Zeit, die FPÖ widmet ihr im Wahlprogramm nicht einmal eine Erwähnung. Die Partei fordert zwar den Erhalt und die Förderung einer funktionsfähigen Infrastruktur und bekennt sich zum Individualverkehr, berücksichtigt das Fahrrad als Verkehrsmittel jedoch keineswegs. Immerhin kommt der öffentliche Verkehr vor. Die FPÖ will ein Österreich-Ticket für alle öffentlichen Verkehrsverbindungen einführen.
Die Abschaffung der diskriminierenden Sonder-Nachrangregeln für Radfahrende, Erleichterungen für radfahrende Kinder und Eltern, die gesetzliche Regelung des Seitenabstandes beim Überholen und die Ausnahmeregelung für Rechtsabbiegen bei Rot für Radfahrende scheinen HC Strache nicht zu interessieren.
4. Gesundheitsvorsorge
Alle drei Kilometer spart ein Radfahrer einen Euro für das Gesundheitssystem. Die FPÖ weist in ihrem Wahlprogramm auf Krankheits-Prävention durch Sport hin, im Wirtschaftsprogramm beruft sie sich auf eine Studie, der BSO (Bundessportorganisation) aus 2016, die den volkswirtschaftliche Nutzen von Sport und Bewegung mit seinen finanziellen Auswirkungen präsentierte. Die Verknüpfung zu aktiver Mobilität wird jedoch nicht erstellt, das Fahrrad als alltägliches Mittel der Krankheitsprävention nicht erkannt.
5. Vision Zero
Zu Verkehrssicherheitsmaßnahmen und Geschwindigkeitsbeschränkungen, um keine Verkehrstoten mehr auf Österreichs Straßen beklagen zu müssen, findet sich nichts im FP-Wahlprogramm.
6. Gerechtes Kilometergeld
„Österreicher verdienen Fairness“ titelt das FP-Wahlprogramm. Nicht nur, dass die FPÖ den Begriff "Fairness" fäschlicherweise für sich reklamiert, ihr sind auch Ungerechtigkeiten wie die ungleiche Verteilung des amtlichen Kilometergeldes zwischen AutofahrerInnen und Radfahrenden kein Anliegen. Die FPÖ findet es unfair, dass "Menschen, die ihr Kfz für den Weg zur Arbeit dringend benötigen, keinen ausreichenden Ersatz für die dadurch entstehenden Kosten erhalten" (S. 24) und hält damit den Mythos der Steuer-Melkkuh Auto aufrecht, der schon längst widerlegt ist.
Dass für Radfahrende die gesetzlich festgelegte Obergrenze für amtliches Kilometergeld schon bei 1.500 Kilometern pro Jahr liegt und fürs Kfz bei 30.000 Kilometern, will von der FPÖ nicht ausgeglichen werden.
7. Natur öffnen
Auf Forststraßen gilt generelles Fahrverbot, viel zu selten sind Radfahrende davon ausgenommen. Sitzt die FPÖ in der zukünftigen Regierung, dann bleibt das auch weiterhin so. Das Anliegen, Forststraßen fürs Radfahren gesetzlich freizugeben, wird von der Partei nicht geteilt.
Fazit der Radlobby
Die FPÖ behauptet, "in diesem Land endlich etwas voranbringen" und „gerechte Rahmenbedingungen für die österreischischen BürgerInnen schaffen“ zu wollen. Naturgemäß schließt Straches Partei dabei alle Menschen aus, die nicht die FPÖ-Definition des "Österreichischen" erfüllen und vergisst auch auf das sozial inklusive Verkehrsmittel Fahrrad. Das bringt null von sieben möglichen Punkten für die FP:
Wir haben diese Analyse an die FPÖ weitergeleitet und um eine Stellungnahme gebeten. Im Falle einer Antwort werden wir diese hier veröffentlichen.
(Wahlanalyse: Ines Ingerle und Alec Hager | Foto: FPÖ)