11. Grazer Einkaufszentren-Radtest: Wer killt endlich die Felgenkiller?

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Alle zwei Jahre untersucht die Radlobby ARGUS Steiermark, was die Einkaufszentren (EKZ) in Graz und Umgebung unternehmen, um radelnden Kund*innen das Einkaufserlebnis angenehm zu gestalten. Das heurige Ergebnis: Der Citypark bleibt vorne, allgemein gibt es kaum Neues. Leider dominieren in den Zentren immer noch Abstellanlagen Marke „Felgenkiller“.

Das bewährte Test-Prozedere: Die Centerverantwortlichen werden per Fragebogen um eine Selbsteinschätzung und Informationen zu den Kategorien „Anteil radelnder Kund*innen“, „Erreichbarkeit“, „Radverkehrsführung“, „Abstellplätze“ und „Sonstige Anreize“ gebeten. Diesmal wurden die Fragebögen von Kastner & Öhler und von der Shopping City Seiersberg nicht beantwortet. Bei einem nicht angekündigten Lokalaugenschein durch Aktive der Radlobby ARGUS Steiermark werden die Angaben überprüft und die eigenen Beobachtungen nach dem umgekehrten Schulnotensystem von 1 bis 5 bewertet.

Anteil radfahrender Kund*innen

Das Fahrrad wird von immer mehr Menschen nicht nur als ideales Alltags-Verkehrsmittel genutzt, sondern auch zum Transport des täglichen Einkaufs – durch E-Bikes und E-Lastenräder wird dieser Trend noch verstärkt, mittlerweile sind auch größere Anschaffungen problemlos per Cargobike transportierbar. Der Radverkehrsanteil wird von den Einkaufstempeln teilweise mittels eigener Marktforschung erhoben bzw. geschätzt und von Citypark, Murpark und Center West mit etwa 8-11% angegeben. Beim Citypark ortet man zudem einen steigenden Anteil von E-Bikes und E-Scootern. Der Ausreißer nach oben ist Kastner & Öhler, der zuletzt 2020 angab, dass 50% seiner Kund*innen per Rad kommen. Im Shopping Nord werden 4% genannt. Keine Angabe gibt es aus Seiersberg.

Erreichbarkeit per Fahrrad

Hier sind die Zentren von der öffentlichen Radinfrastruktur abhängig, die in den beiden letzten Jahren im jeweiligen Umfeld keine Verbesserungen erfahren hat. So muss man beim Citypark weiterhin auf eine Radanbindung in der Fabriksgasse und vom Karlauplatz warten (hier könnte der geplante Straßenbahnbau einiges bringen), beim Murpark auf eine sichere Einbindung am Sternäckerweg, beim Center West auf die Verordnung eines Abschnitts als Geh-/Radweg von Westen kommend und auf eine befahrbare Unterführung am Römerweg in Richtung Shopping Nord. Die SCS erreicht man von Norden kommend nach einer Sperre vor zwei Jahren wieder besser.

Durchwegung am Centergelände

Auch hier gibt es nicht viel Neues. Citypark und Murpark sorgen seit langem mit viel roter Farbe für relativ klare Verhältnisse. Im Center West wird die Orientierung durch aufgefrischte Radpiktogramme nun erleichtert, der Radstreifen vor dem Puch Store und IKEA ist allerdings oft verstellt und vor der Ausfahrt zum Schwarzen Weg ist der Radverkehr zweimal benachrangt. Im Shopping Nord existiert keine eigene Radwegführung zum Fachmarktzentrum, in der Shopping City Seiersberg fehlen Radstreifen gänzlich.

Wer killt endlich die Felgenkiller?

Ideal sind wettergeschützte, gute Bügel zum Ansperren des Fahrrads in Eingangsnähe. Diese Kriterien werden mit wenigen Abstrichen im Citypark und im Murpark erfüllt. Im Haus am Lazarettgürtel wurde vor einigen Jahren ein eigener, gut gelungener „Citypark-Bügel“ kreiert – aber leider noch nicht flächendeckend ausgerollt. Ein vor zwei Jahren installiertes Lastenrad-Parkplatz-Schild wurde mittlerweile wieder entfernt – durch die großen Bügelabstände ist das Abstellen von Lastenrädern aber ohnehin fast überall möglich. Im Murpark ist die Abstellanlage am Südost-Eingang nach wie vor zu klein und nicht überdacht, dafür steht beim H&M-Eingang eine riesige, aber nicht brauchbare Spiralanlage nahezu leer. Im Center West beherrschen mit wenigen Ausnahmen Spiralen und Felgenknicker das Bild – von den vor zwei Jahren angekündigten Verbesserungen ist noch nichts zu sehen. Kastner & Öhler bzw. Gigasport profitiert von der öffentlichen Abstellanlage am Kai, im Paradeishof stehen nur noch Leihräder und das Leih-Lastenrad. Im Shopping Nord wurden ein paar Abstellplätze beim Haupteingang in eine Nische unters Dach verlegt. Bei der wegen des zu hohen Dachs nur bedingt vor Regen schützenden Bike- und Scooter-Station sind die beiden Ladekabel für Scooter demoliert. Die übrigen – allesamt nicht überdachten – Radparker am Gelände sind entweder Felgenkiller oder zu groß geratene Bügel, die ein Ansperren des Rades kaum ermöglichen. Durch die Montage von Querstangen wird neuerdings versucht, dies zu erleichtern. Die bescheidene Anzahl von Radparkern in Seiersberg ist durchwegs von schlechter Qualität.

Extras und Aktionen

Schließfächer und Werkstattservice sind mittlerweile überall Standard, SB-Service und E-Ladestationen bieten Citypark, Murpark (nun zusätzlich noch eine SB-Servicesäule) und Shopping Nord an. Die seit einigen Jahren installierte Akku-Ladestation bei Kastner & Öhler wurde nach einem Defekt nicht wieder aufgestellt, dafür können weiterhin Fahrräder ausgeliehen werden (auch ein Lastenrad). An der SPAR-Kassa im Kastner-Tiefgeschoss besteht nach wie vor die Möglichkeit, sich den Einkauf per Lastenrad nach Hause liefern zu lassen. Im Citypark werden Fahrrad-Testtage und eine Fahrradbörse (zuletzt 2023) veranstaltet, der Murpark bietet Regenponchos und Sattelbezüge an der Info, das Center West organisiert Gewinnspiele über Facebook mit einem Fahrrad als Hauptpreis.

Auf gedruckten Werbebeilagen und durch einen animierten Fahrrad-Clip auf der Webseite bewerben Citypark und Murpark auch die Anfahrt per Fahrrad und das Serviceangebot. Im Web-Auftritt aller Zentren finden sich ausführliche Infos für die radelnde Kundschaft. Citypark und Murpark verweisen stolz auf die jeweiligen guten Platzierungen beim EKZ-Test, leider verschwanden mit den neuen Übersichtsplänen die Radpiktogramme für die Abstellplätze. Solche fehlen auch beim Shopping Nord-„Shopfinder“, bei Center West und SCS hingegen sind sie am digitalen Lageplan angegeben. Die Webseite von Kastner & Öhler bietet Infos zum Leih-Lastenrad.

Resümee der Tester*innen

Bei den Einkaufszentren im Grazer Stadtgebiet ist das Bestreben zu erkennen, ein mittlerweile vielfältiges Serviceangebot, Extras und Aktionen für die radelnde Kundschaft anzubieten. Großer Aufholbedarf besteht allerdings nach wie vor bei der Qualität der Abstellanlagen. Obwohl Citypark und Murpark in der Vergangenheit bereits einiges vorgelegt haben, verblüfft die immer noch stattliche Anzahl von unzulänglichen Spiralen und Felgenknickern in allen Einkaufszentren. Diese wären relativ kostengünstig durch zeitgemäße, felgenschonende Einstell- oder Anlehnbügel zu ersetzen, an denen Fahrräder auch angesperrt werden können. Für diese Maßnahme gäbe es wohl viel Applaus von den radelnden Kund*innen – und bestimmt eine bessere Bewertung beim nächsten Radlobby-Test in zwei Jahren.

Ein paar Beispiele, wo Handlungsbedarf besteht:

Die Reihung 2024 (max. 20 Punkte)

1. Citypark: 17,5 Punkte

2. Murpark: 16,5 Punkte

3. Center West: 12 Punkte

4. K&Ö (Gigasport): 10 Punkte

    Shopping Nord: 10 Punkte

6. Shopping City Seiersberg: 6 Punkte

 

Zum Ratgeber Radparken der Radlobby Österreich

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