Auf Bahn und Berg mit starrer Nabe

Der schnelle Sigi fightet auf Holz

Sigi Rechberger entdeckte vor zehn Jahren das Bahnrad. "Reduced to the max", ist seither sein Motto, auf den höchsten Pässen wie in den schnellsten Velodromen.

Sigi Rechberger (Jg. 1969) ist Techniker, wohnte in Laßnitzhöhe über Graz und gehörte lange eher der motorisierten Fraktion an. Als einmal die Autobatterie einging, musste er für den Weg zur Arbeit auf ein Fahrrad zurückgreifen - und siehe da, diese Art der Fortbewegung hatte was. "Die morgendliche Fahrt nach Graz war voll entspannend, nachhause auf den Berg freute ich mich dann schon aufs Essen."

Zum Geburtstag wünschte er sich einen Cruiser mit Fat Tyres, doch bald schwenkte sein Interesse in eine völlig andere Richtung, zum Bahnrad. Das Interesse teilte er mit Sohn Sven, und mehr oder minder aus heiterem Himmel fuhr man gemeinsam nach Salzburg und kaufte sich ein erstes Bahnrad. Ab da gehörte Sigis mobiles Leben dem Starrlauf: "Man nennt mich in der Szene den Velodrom-Touristen, weil ich schon auf fast jeder Bahn in Europa gefahren bin."

Faszination Starrlauf
Freilich war Sigi schon zu alt, um im Spitzensport mitzufighten. Doch bei diversen Bewerben, etwa dem Red Hook in Mailand oder Funraces wie dem Altbaukriterium, ließ und lässt er es schon gerne krachen. Seine Ambition ist es zudem, jedes Jahr einen ordenlichen Berg zu machen. So hat er heuer den Mont Ventoux, auch "der Erbarmungslose" genannt, gemacht, in den vergangenen Jahren standen Stilfserjoch oder die höchste Passstraße überhaupt, die Pico del Veleta (3.394m) in der Sierra Nevada, am "Speisezettel" - alles ohne Schaltung, versteht sich.

"Alles bis zehn Prozent geht. Dann wird es hart." Oben angekommen, wechselt er das hintere Ritzel von 19 auf 14 (vorne 48 Zähne), "dann sind auf der Abfahrt auch 60 km/h drinnen." Auf der Straße ist 48:16 die richtige Übersetzung. Sigi knüpft in seinem Faible für den Starrlauf an eine Tradition an, die in Rennfahrerkreisen seit den Anfängen der Räder mit Schaltung - Sigi spricht immer von "den Geschaltenen" - begründet wurde und zu deren Anhängern etwa auch der Grazer Junior-Fahrer Josef Perschy gehörte, der Anfang der 1950er Jahre auf der heimischen Kurzstrecke dominierte.

Verbunden mit der Maschine
"Mache die Dinge so einfach wie möglich - aber nicht einfacher." Dieser Satz, der Albert Einstein zugeschrieben wird, passt auf Sigis Zugang zum Radfahren. "Du bist viel verbundener mit der Maschine, wenn du starr fährst."  Andererseits, und das ist der wesentliche zweite Teil des Spruches, verzichtet er nicht auf eine (Vorder-)Bremse, aus Sicherheitsgründen. Vom Fixie-Trend hält er nur bedingt was, "das ist halt eine Modeerscheinung". Nachteile? "Bergab muss man halt ordentlich haxeln, und du kannst dich mit niemandem darüber unterhalten, denn alle halten dich für deppert."

Dass Österreichs größtes Talent im Bahnsport, der Judenburger Julian Rechberger (Jg. 1995), den gleichen Namen trägt wie er, ist ein schöner Zufall. Der Bahn gehört auch Sigis Herz, und er bedauert, dass er nach Wien fahren muss, um ein paar Runden im Dusika-Stadion zu drehen. Sein Traum wäre ein Velodrom in Graz, "ich kenne zumindest zwei Bahnen, die abgebaut und gelagert sind und zu haben wären."

Erfreulich findet der heute in Graz lebende Rechberger, dass der Radsportverband sich nun doch durchringen konnte, wieder eine Master-Kategorie einzuführen. So konnte er bei der nach langer Pause ersten österreichischen Meisterschaft im April 2016 in den Kategorien Sprint, Zeitfahren und Keirin Gold einfahren. Schon im Vorjahr hat er sein Ziel, die persönliche Runden-Schallmauer von 60 km/h zu durchbrechen, geschafft.  

Historischer Artikel: Verwelkter Lorbeer - über das Bahnfahren in Graz  
 

WOLFGANG WEHAP 

 

 

 

 

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