Stellungnahme der Radlobby Kärnten zum Radmasterplan 2025

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Radlobby Kärnten begrüßt das Bekenntnis zur Radmobilität

Die Radlobby Kärnten begrüßt die Bemühungen des Landes Kärntens, zur Erarbeitung eines Radmasterplans für Kärnten mit Stakeholder-Beteiligung, sehr. Eine fundierte und weitreichende Strategie, um Radfahren in Kärnten attraktiver zu machen, ist dringend nötig, da Kärnten sowohl bei der Nutzung des Fahrrades als auch bei anderen alternativen Mobilitätsformen österreichweites Schlusslicht ist.[1] Der geringe Radverkehrsanteil in Kärnten ist auf bisherige Versäumnisse der Kärntner Landes- und Kommunalpolitik zurückzuführen, insbesondere was den Ausbau von komfortabler Radinfrastruktur betrifft. Die Radlobby Kärnten unterstützt deshalb das erklärte Ziel, Kärnten zu einem Radvorzeigeland zu machen. Die Förderung des Radverkehrs und der alternativen Mobilität im Allgemeinen ist ein dringendes Gebot der Stunde und kann einen großen Beitrag zur Verkehrswende und zur Erreichung der Klimaziele leisten. Dafür ist eine mehrjährige Strategie unter Einbindung aller relevanten Akteure grundsätzlich der richtige Weg.

Profunde Grundlagenanalyse und messbare Zielsetzungen fehlen

Eine solche Strategie sollte aufbauend auf einer fundierten Analyse des Ist-Zustandes messbare Zielsetzungen für die verantwortlichen Akteure beinhalten. Zusätzlich sollte der Masterplan die konkreten Schritte vorgeben, die nötig sind, um die gesteckten Ziele zu erreichen sowie die Meilensteine, Verantwortlichkeiten und budgetären Rahmenbedingungen klar definieren. Der nun vom Land Kärnten präsentierte Masterplan “Radmobilität 2025” entspricht jedoch aus Sicht der Radlobby Kärnten diesen Ansprüchen nur in geringem Maß. Eine aktuelle Erhebung des Modal-Splits in Kärnten fehlt genauso wie nähere Untersuchungen zum Rad-Nutzungsverhalten der KärntnerInnen. Die Grundlagenerhebung beschränkt sich auf eine Befragung von Gemeinden, Tourismusverbänden und Regionen. Doch auch dabei mangelt es an Transparenz, da die vollständigen Auswertungen nicht im Internet veröffentlicht wurden, obwohl dafür sogar in der Printversion explizit auf die Internetseite des Landes verwiesen wird.

Konkrete Zielsetzungen sucht man im Masterplan ebenfalls vergeblich. Es werden weder quantitative noch qualitative Ziele für das Jahr 2025 (z.B. Anteil des Radverkehrs am Gesamtverkehrsaufkommen, Ausbaugrad des Radwegenetzes, etc.) festgehalten. Nur in der Einleitung der beiden zuständigen Landesräte wird eine langfristige Verdoppelung des Radverkehrsanteils erwähnt, jedoch ohne konkrete zeitliche Komponente. Diesbezüglich ist sogar der Mobilitätsmasterplan des Landes aus dem Jahr 2016 konkreter, der als Ziele festhält, bis 2035 sowohl den Radverkehrsanteil am Modal-Split als auch die Tage im Jahr, an welchen AutofahrerInnen ihre alltägliche Bewegung mit dem Fahrrad absolvieren, zu verdoppeln. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb nicht zumindest diese, bereits von der Landesregierung beschlossenen, Ziele im Masterplan festgeschrieben werden.

Unzureichendes Budget und vage formulierte Maßnahmen

Die Radlobby Kärnten begrüßt die Neuerung, dass mit den angekündigten 2 Mio. Euro Jahresbudget erstmals ein derartiger Fixposten für den Radverkehr vorgesehen ist. Dies wird aber bei Weitem nicht ausreichen, um Kärnten zu einem wirklichen Radland zu machen. Als Richtwert sind dafür nämlich ca. 30 Euro pro EinwohnerIn und Jahr nötig, was für Kärnten ein Radbudget von 15 Mio. Euro pro Jahr bedeuten würde.

Die im Masterplan ausgeführten Maßnahmenbündel genügen kaum den Ansprüchen an eine qualitativ hochwertige Strategie. Sie sind zwar allesamt zu begrüßen, haben aber größtenteils nur Schlagwort-Charakter. Konkrete weitere Umsetzungsschritte, Zuständigkeiten oder Zeitpläne fehlen ebenso wie eine Prioritätenreihung der Maßnahmen.

Radlobby Kärnten fordert als Ziel die Verdoppelung des Radverkehrs bis 2030

Um die positiven Ansätze des Masterplans “Radmobilität 2025” rasch und gezielt zur Umsetzung zu bringen, fordert die Radlobby Kärnten als Interessensvertretung des Radverkehrs die gesamte Landesregierung auf, die Anstrengungen im Bereich Radverkehr deutlich zu intensivieren. Die Zielsetzung muss lauten, den derzeitigen Radverkehrsanteil von 7 % bis zum Jahr 2025 auf 10 % und bis 2030 auf 15 % zu erhöhen.

Um diese Ziele zu erreichen, schlägt die Radlobby Kärnten der Landesregierung als Ergänzung und Konkretisierung des Masterplans Radmobilität 2025 folgende Maßnahmen vor:

  • Finanzielle Ressourcen:
    • Anhebung des Gesamtbudgets für den Radverkehr auf 30 Euro pro EinwohnerIn und Jahr
  • Umsetzung:
    • Einsetzung eines/r übergeordneten Radfahr-Koordinators/in bzw. eines Radverkehrsbeirates (unter Einbindung relevanter NGOs und Verbände) zur Radverträglichkeits-Prüfung aller neuen Strategien, Rechtsvorschriften und Bauprojekte
    • Fachliche Begleitung der Gemeinden bei Planung und Umsetzung von Radverkehrsmaßnahmen durch regionale Rad-Verantwortliche
  • Radfahren und öffentlicher Verkehr:
    • Gewährleistung der Erreichbarkeit aller Kärntner S-Bahn-Stationen auf sicheren Radwegen bis 2025
  • Infrastruktur:
    • Evaluierung und Anpassung des überregionalen Radwegenetzes und Schließung aller Radweg-Lücken bis 2025, bei fehlender Umsetzung bzw. Umsetzungsperspektive ist der Status eines überregionalen Radweges zurückzunehmen
    • Ergänzung des überregionalen Radwegenetzes, um hochwertige Schnellverbindungen zwischen allen Kärntner Ober-, Mittel- und Unterzentren herzustellen
    • Unverzügliche Einrichtung von mindestens 20 km Pop-Up-Bike-Lanes in bedarfsstarken Bereichen, insbesondere auf mehrspurigen Straßen im urbanen Raum und rund um die Kärntner Seen beim Fehlen adäquater Radwege
    • Verpflichtende Geschwindigkeitsreduktionen und bauliche Adaptierungen bei Mischverkehrslösungen
    • Evaluierung aller Rückbaumöglichkeiten von überbreiten und mehrspurigen Landesstraßen (B&L) bis 2021 und Umnutzung der freiwerdenden Flächen zugunsten des Fuß- und Radverkehrs
    • Sofortiger Stopp von Planung und Bau neuer Straßen (z.B. Klagenfurter Ostspange, B100-Ausbau) und Nutzung der freiwerdenden Budgetmittel für Rad-, Fuß und öffentlichen Verkehr
    • Umgestaltung von Ortsdurchfahrten in Hinblick auf die Bedürfnisse des Fuß- und Radverkehrs (Fahrbahnverengung zugunsten von Fuß- und Radwegen, geschwindigkeitsreduzierende Maßnahmen, etc.)
    • Flächendeckende Umsetzung der in den RVS definierten Vorrangregeln bei Radwegen (keine Stop-and-Go-Radwege) und verpflichtende Ausstattung von Kreuzungen mit sicherheitsrelevanten Aspekten (Beleuchtung, Sichtachsen)
    • Pflanzung von Bäumen/Alleen entlang des Landesstraßen- und Radwegenetzes als Beitrag zum Klimaschutz, zur Attraktivitätssteigerung und als Schattenspender
  • Bewusstseinsbildung:
    • Bewusstseinsbildung für AutofahrerInnen, um mehr Rücksicht auf RadfahrerInnen einzumahnen (z.B. durch entsprechende Schilder und Fahrbahnmarkierungen bei durch RadfahrerInnen stark frequentierten Strecken nach slowenischem Vorbild)
    • regelmäßige Autofrei-Aktionen auf Landesstraßen (min. eine Großveranstaltung pro Region und Jahr und wöchentliche Lokalinitiativen wie etwa autofreie Badewochenenden)
  • Alltag und Beruf:
    • Novellierung der Bauordnung: Einheitliche Richtlinien für die Schaffung von Fahrrad-Abstellanlagen bei Wohnhäusern und Betrieben, verpflichtende Dusch- und Umkleidemöglichkeiten bei Betrieben
    • Herstellung der sicheren Rad-Erreichbarkeit aller Schulen ab der 5. Schulstufe bis 2025

Der Radmasterplan Kärnten kann hier heruntergeladen werden: https://www.ktn.gv.at/Service/kaernten-am-rad​

[1] Quelle: Österreich unterwegs 2013/14

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