Das "Wunder" von der Wickenburggasse

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Ein Wurf, der ein wirklich ein großer werden könnte, kam eigentlich überraschend: Am Sonntag (29.05.) berichtete die "Kleine Zeitung", am Montag rückten die Bautrupps an und frästen eine Auto-Fahrspur der Wickenburggasse zwischen Keplerbrücke und Parkstraße weg. Der hier kaum 2,5 Meter messende, stark frequentierte Zweirichtungstradweg (Verbindung Uni Campus - Geidorfplatz - Hauptbahnhof), der noch dazu mehrere Problempunkte aufweist (Bushaltestelle, Querung Laimburggasse, Kurve Jahngasse) wird auf weiten Strecken des insgesamt 600 m langen Pilotprojekts auf 3,00 m verbreitert.

Ganz so überraschend, wie es den Augenschein hat, war die Umsetzung der Maßnahmen bei näherem Hinsehen dann doch nicht: Gereift ist die Idee im Stadtlabor, seitens der Verkehrsplanung unter Martin Kroissenbrunner beauftragte man die TU Graz mit einer Simulation zu den Auswirkungen auf den Kfz-Verkehr, und unter Einbindung der Graz Holding (Graz Linien) und der Wirtschaftskammer gab es auch seitens des politischen Referenten Stadtrat Mario Eustacchio grünes Licht. 

Eingriff mit (fast) nur Gewinnern

Verkauft wird die Maßnahme fast als verkehrsplanerisches Wunder: Dass RadlerInnen profitieren, ist klar, durch die Aufweitung des Haltestellenbereichs Wickenburggasse werden für die Busfahrgäste Aus- und Einstiegsbereiche geschaffen. Der Bus verliert zwar zwischen Druckknopfampel Laimburggasse und Kreuzung Grabenstraße/Parkstraße ein kleines Stück eigene Spur, die er sich nun auf dem Weg in die Humboldtstraße mit der zweiten Rechtsabbiegespur in die Parkstraße teilen muss, dies soll sich aber laut  Simulationsergebnissen für die Fahrzeit ebenso nur marginal auswirken wie die Reduktion auf eine Kfz-Spur zwischen Keplerbrücke und Laimburggasse und der Entfall einer Kfz-Spur in der Jahngasse bis zur Parkstraße. Durch die kürzeren Querungsstrecken könnte den AutolenkerInnen mehr Grün (und den FußgängerInnen/ Radlerinnen weniger) gewährt werden, was die nachteiligen Effekte kompensieren würde, heißt es sinngemäß. 
 

Vorteile für die RadlerInnen

Aus Sicht der RadlerInnen sind - neben des Gewinns an Breite - Verbesserungen in drei kritischen Bereichen erwartbar: 

  • Parkstraße - Jahngasse: Die vorgesehene Aufweitung der Radverkehrsflächen bringt eine Entschärfung der Situation um das stumpfe Eck Wickenburggasse - Parkstraße. In der Parkstraße wird eine Kfz-Fahrspur entfernt, in die Jahngasse wird es also keine gerade Einfahrt mehr, sondern eine Verschwenkung geben, was auch wiederum einen Sicherheitsgewinn für die dortige (noch) benachrangte RadlerInnen-Querung bringt. Der Flächengewinn am Eck Wickenburggasse - Parkstraße ist auch Voraussetzung dafür, dass eine vor Jahren geplante und wieder abgesagte Öffnung der Busspur Humboldtstraße für RadlerInnen Richtung Osten doch noch einmal realisiert werden könnte.   
  • Querung Druckknopfampel Laimburggasse: Hier gibt es einen zweifachen Vorteil, nämlich eine größere Aufstellfläche schloßbergseitig und die nun geschaffene Möglichkeit, aus der Laimburggasse direkt in die Wickenburggasse zu queren; bisher musste, um die DKA zu erreichen, im Kreuzungsbereich die Straßenseite gewechselt werden, was zu gefährlichen Situationen mit abbiegenden Kfz führte. Zudem gibt es für Linksabbieger von der Wickenburggasse in die Laimburggasse eine Haltelinie, was die bisherige Usance, bei Radler-/Fußgängergrün schnell (und gefährlich) links einzubiegen, verhindert. Die Laimburggasse wird im ersten Stück als Einbahn nach Norden geführt - auch ein Sicherheitsgewinn.
  • Bushaltestelle Wickenburggasse: Duch die Aufweitung gibt es nun für die Öffi-BenutzerInnen eigene Bereiche zum Ein- und Aussteigen, was jedenfalls Verbesserungen beim Fahrgastwechsel bringen sollte.
  • Kaiser-Franz-Josef-Kai/Keplerbrücke: Die Aufstellflächen für die RadfahrerInnen werden in mehreren Kreuzungsbereichen ausgeweitet, so auch - begleitet von einer Ampelverlegung bei diesem neuralgischen Punkt Richtung Keplerbrücke.


Noch ein Provisorium

Bei aller positiven Beurteilung dieses Pilotprojekts muss man sich allerdings vor Augen halten, dass es sich um ein Provisorium handelt. Dies bedeutet zum einen, dass erst nach einem Monat Testberieb entschieden wird, ob die Maßnahme in den Regelbetrieb mündet und zum anderen, dass man zumindest bis dahin mit Behelfseingriffen (unterschiedliche Ebenen für beide Richtungen, mobile Trennwand zur Kfz-Fahrbahn, Anrampungen bei der Querung Laimburggasse und bei der Wiedervereinigung der Richtung Keplerbrücke auf Fahrbahnniveau geführten Spur mit jener in die andere Richtung, die auf Gehsteigniveau verbleibt) vorlieb nehmen muss.

Sollten die Berechnungen der TU-Simulation sich bestätigen und keine außerplanmäßigen Probleme auftreten, sollen die provisorischen Einbauten durch bessere Umbauten ersetzt werden, erklärte Radverkehrskoordinator Helmut Spinka am Montag vor Ort. Das Provisorium sei in erster Linie dazu da, den Nachweis zu führen, dass die Veränderung für MIV und ÖV keine erheblichen Fahrzeitverluste bringt. Wie die Umbauten für die RadlerInnen im Endausbau aussehen, ist an den roten Linien ablesbar, deren Flächenpotential in dieser Phase noch nicht ausgenützt wird.

Verläuft der einmonatige Testlauf positiv, wäre dieser Eingriff wirklich ein historisch zu nennender Wurf - die Radwegverbindung Wickenburggasse war in den 1980er-Jahren unter Erich Edegger angelegt worden, wobei nur mittels Fahrbahnverengung ein Stück von den beiden Kfz-Spuren abgeknapst und den RadfahrerInnen zugeschlagen wurde. Abgesehen von den Vorteilen für RadlerInnen und ÖV-Fahrgäste wäre damit auch eine stadtgestalterische Aufwertung der durch den dominanten Autoverkehr sehr an einen Kanal erinnernden Ringstraße um die Nordflanke des Schloßbergs verbunden.    

 

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