Wie fördert die Steiermark den Radverkehr?

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Beim Radgipfel am 4. April 2022 in Wien wurde das Bund- und Länderübereinkommen zur Förderung des Radverkehrs von allen Bundesländern unterfertigt. Nach nunmehr einem Jahr führte die Radlobby eine bundesweite Evaluierung zur Umsetzung durch. Was sich zu den Schwerpunktaktivitäten in der Steiermark inzwischen getan hat, zeigt eine Bestandsaufnahme der Radlobby ARGUS Steiermark.

Präambel

Übereinkommen zur Förderung des Radverkehrs in Österreich

für die Schaffung eines sicheren und leistungsfähigen Radverkehrs in Österreich sowie für die Erreichung des in der #mission2030, der Klima- und Energiestrategie der österreichischen Bundesregierung, definierten Zieles zur Steigerung des österreichweiten Radverkehrsanteils von 7 % auf 13 % bis 2025.

Die Unterzeichnenden anerkennen den hohen Wert des Radfahrens als Eckpfeiler für ein sicheres, raumeffizientes und ressourcenschonendes Gesamtverkehrssystem sowie für eine gesunde Bevölkerung.

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Bundesministerin Leonore Gewessler beim Unterzeichnen des Übereinkommens (Foto Ludwig Schedl)

Vereinbarte Schwerpunktaktivitäten

1. Bedürfnisse des Radverkehrs in Raum- und Verkehrsplanung stärker berücksichtigen

Auf der Ebene von Förderungen und Bewusstseinsbildung führt die Radlobby ARGUS Steiermark gemeinsam mit dem Land Steiermark bereits seit vielen Jahren diverse Projekte durch. Es gibt einen Rahmenvertrag nach einem Baukastenprinzip für Radprojekte in Gemeinden, die zu 50% von den Gemeinden und zu 50% vom Land Steiermark finanziert werden. Im Zuge des Rahmenvertrags können in der ganzen Steiermark Beratungen für Gemeinden, Vorträge, Bewusstseinsbildung, Geschicklichkeitsparcours für Kinder, Radchecks, Lastenrad-Präsentationen, Sicherheits-Infostände, etc. durchgeführt werden.

Auf planerischer und Infrastruktur-Ebene ist die Radlobby in laufendem Austausch, vor allem zur Grazer Radoffensive 2030 „GROOVE“. In den wesentlichen Potentialräumen (= Siedlungsschwerpunkten) der Steiermark wurden auf Initiative des Landes Steiermark und in Kooperation mit den Gemeinden Radverkehrskonzepte ausgearbeitet. Diese werden Schritt für Schritt beschlossen bzw. umgesetzt und stellen damit die langfristige Entwicklung der Radmobilität in der Steiermark sicher. Die Planungsaktivitäten werden laufend fortgeführt.

Für Gemeinden gibt es nur Förderungen, wenn eine entsprechende Qualität vorliegt. Es werden z.B. nur hochqualitative Infrastruktur oder ausschließlich hochwertige Radparker für öffentliche Einrichtungen und Unternehmen gefördert. Eines der Kriterien ist u.a. die Installation von Radverkehrsbeauftragten, die es inzwischen in vielen Gemeinden gibt.

In der aktuellen Radverkehrsstrategie Steiermark 2025 mit dem Titel "Starker Antritt" sind die Priorisierung des Radverkehrs und in erster Linie Förderprogramme für Regionen und Gemeinden verankert: Gemeinden können Planungsbüros beauftragen, eigene Radverkehrsnetze auszuarbeiten. Wenn diese dann zur Umsetzung gelangen, werden sowohl die Planungen als auch die Umsetzungsmaßnahmen gefördert.

Der politische Wille sowohl im Land Steiermark und vor allem in der Stadt Graz ist eindeutig ein Paradigmenwechsel und eine Umkehrung der Verkehrspyramide zugunsten der aktiven Mobilität, also Fuß- und Radverkehr. Die Behörden agieren jedoch noch sehr träge in der Umsetzung. Die Verordnungen von Radinfrastruktur, Geschwindigkeitsbegrenzungen, Begegnungszonen, etc. werden in der Steiermark von den Bezirkshauptmannschaften und in Graz vom Straßenamt als zuständige Behörde vorgenommen. Diese agieren eigenständig und sind nach wie vor sehr konservativ und reagieren nur langsam auf politische und rechtliche Veränderungen. Argument ist immer die Sicherheit sowie die Flüssigkeit des Autoverkehrs. Graz ist sehr zögerlich mit der Umsetzung neuer Möglichkeiten, so gibt es momentan erst eine Fahrradstraße, zwei Begegnungszonen und vorerst keine Grünpfeile zum Rechtsabbiegen bei Rot. Die Stadt Graz arbeitet jedoch in allen drei Fällen an Projekten und kündigt bis Ende 2023 weitere Umsetzungen an.

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Mobilitätsfest in Gratkorn (Foto Radlobby ARGUS Steiermark)

2. Rechtsrahmen weiterentwickeln, um Radverkehr zu attraktivieren

Das Steiermärkische Baugesetz beinhaltet zumindest seit 2011 bzw. seit 2014 (§92 Stmk. BauG) eine Vorschrift, wie Abstellanlagen für Fahrräder gestaltet sein müssen und in welcher Zahl. Viele Neubauprojekte, v.a. in Graz, berücksichtigen dies bereits, allerdings besteht auch hier in der praktischen Umsetzung noch Aufholbedarf.

Über diverse Expertengremien beteiligt sich das Land Steiermark an der Weiterentwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen (StVO etc.) und technischer Richtlinien (RVS etc.) zur Berücksichtigung der Bedürfnisse und Anforderungen der Radmobilität.

3. Investitionsbedarf feststellen, um Diskussionsbasis zur Bereitstellung entsprechender Finanzmittel zu schaffen 

Es wurde festgestellt, dass 7 Milliarden Euro auf Bundes-, Landes- und Gemeinde-/Städteebene erforderlich sind, wenn die höchste Qualitätsstufe angestrebt wird.  Finanzmittel: Volumen € 100 Mio. bis 2030; 50% Stadt Graz, 50% Land Stmk. (sofern der Bund sich beteiligt, ist es um diesen Anteil weniger). Für die Steiermark außerhalb von Graz gibt es ein Volumen von € 30 Mio. mit gleichem Aufteilungsschlüssel.

Das Land nimmt eine laufende kurz-, mittel-, und langfristige Budgetplanung vor, in dem auch ein jährliches Radverkehrsbudget sichergestellt ist.

4. Aufnahme der überregionalen Radrouten in die Landesstraßengesetze prüfen

Die Planungs- und Errichtungsverantwortung obliegt in der Steiermark dem jeweiligen Netzbetreiber. Im Falle von Landesstraßen plant und errichtet die Landesstraßenverwaltung, im Falle von Gemeindestraßen die Gemeinde in Abstimmung oder mit Unterstützung des Landes.

Die Erhaltung der Radinfrastruktur, auch an Landesstraßen, liegt größtenteils bei den Gemeinden.

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Am EuroVelo 14 im Raabtal (Foto Radlobby ARGUS Steiermark)

5. GIP-Daten im Radinfrastrukturbereich erweitern, um Datenverfügbarkeit und Datenqualität zu heben und zu vereinheitlichen

Im Rahmen des ÖVDAT-Projektes „GIP4Radrouting“ wurde die Radinfrastruktur (lt. StVO) und die Radrouten (Landesradrouten etc.) in der GIP flächendeckend erfasst. Eine Qualitätssicherung wird derzeit durchgeführt. Die Erfassung neuer Radinfrastruktur ist für die Zukunft sichergestellt.
*ÖVDAT= Österreichisches Institut für Verkehrsdateninfrastruktur; das Land Steiermark ist hier Mitglied/Partner. 

7. Gemeinsame österreichweite Motivationskampagne „Österreich radelt“ ausbauen

Das Land Steiermark ist Partner der Aktion „Österreich radelt“ und stellt die Durchführung und Bewerbung im Rahmen seiner Möglichkeiten mittels eines beauftragten Servicebüros sicher. Damit wird die Betreuung steirischer Veranstalter, Teilnehmer*innen und Betriebe ermöglicht.

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Bahnhof Leibnitz (Foto Radlobby ARGUS Steiermark)

9. Schnittstelle Radverkehr und Öffentlicher Verkehr optimieren

Die Radanbindungen von Bahnhöfen und Haltestellen sind Teil der jeweiligen Radverkehrskonzepte der Gemeinden. Die Bahnhofsoffensive Steiermark wurde bereits 2008 begonnen und inzwischen gibt es bis auf einzelne Bahnhöfe überall hochwertige, überdachte, sichere und eingangsnahe Fahrradparkplätze und Bike&Ride-Anlagen. Auch bei neu geschaffenen Busknoten wurden erste Abstellanlagen errichtet (z.B. Hitzendorf).

 

10. Wissen schaffen, Innovationen stärken

Das Land Steiermark unterstützt und beteiligt sich an diversen Forschungsprojekten und ist im ständigen Austausch mit entsprechenden Forschungseinrichtungen.

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