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17. Juli 2021
Die Stadt Graz hat gegen einen Lastenradfahrer auf Unterlassung geklagt. Er dürfe seine Lastenräder nicht auf öffentlichem Raum abstellen.
Wie das Gericht entscheidet, bleibt abzuwarten. Die Gesetzeslage scheint jedoch klar: Wenn gegen die StVO oder die Parkgebührenverordnung verstoßen würde, warum ginge die Stadt Graz zivilrechtlich gegen den Lastenradfahrer vor und schickt keine einfache Strafe?
Nach § 23 Abs. 2 StVO sind Fahrzeuge (s. § 2 Abs. 1 Ziff. 19 StVO), dazu zählen auch Fahrräder, „am Rand der Fahrbahn und parallel zum Fahrbahnrand aufzustellen“, „sofern sich aus Bodenmarkierungen oder Straßenverkehrszeichen nichts anderes ergibt“. Lastenräder gelten gesetzlich als Fahrräder (s. § 2 Abs. 1 Ziff. 22 u. 23 StVO). Die Parkgebührenverordnung (ParkGebV 2006) der Stadt Graz gilt ausdrücklich nur für „mehrspurige Kraftfahrzeuge“, worunter selbst elektrisch angetriebene Fahrräder (bis 600W und max. 25 km/h) gemäß §1 Abs. 2a KFG ausdrücklich nicht fallen.
Auch muss festgehalten werden, dass die Stadt Graz im Oktober 2019 medienwirksam die Radoffensive ausgerufen hat. Bereits seit zehn Jahren werden Lastenfahrräder von der Stadt Graz gefördert. Ausgerechnet diese Woche wurde zudem die 500. Fördernehmerin von der Stadt Graz geehrt. Da scheint dieser Schritt paradox.
Da es sich um kein verwaltungsstrafrechtliches, sondern ein zivilrechtliches Verfahren handelt, dessen Einleitung von den Mehrheitsfraktionen der Stadtregierung beschlossen wurde, erreicht die Angelegenheit eine politische Dimension. Die Stadt Graz setzt damit ein sehr fragwürdiges Zeichen, das die vorgegebenen Bekenntnisse zum Rad konterkariert und zu Lippenbekenntnissen verkommen lässt.
Sehr bedauerlich finden wir vor allem, dass die Stadt Graz bei ca. 60.000 bewirtschafteten Parkplätzen, es für erforderlich hält, um jeden einzelnen in dieser Art und Weise für den Autoverkehr zu kämpfen. Die in dem Verfahren betroffenen Parkplätze entsprechen einem Anteil von ca. 0,03 Promille. Der dafür von der Stadt betriebene Aufwand ist aus unserer Sicht somit völlig unverhältnismäßig.
Vielmehr bräuchte es eine breite Diskussion darüber, wie der öffentliche Raum genutzt werden soll: Soll er den Menschen, insbesondere den Kindern zur Verfügung stehen und Lebensqualität bringen, braucht es rigorose Maßnahmen. Maßnahmen, wie sie auch von der Bevölkerung gewünscht werden, wie die beeindruckenden Ergebnisse der Radumfrage der Stadt Graz oder die mehr als 12.000 Unterschriften der Initiative MoVe iT (wir als Radlobby ARGUS Steiermark sind Teil davon) im Jahr 2019 für eine Mobilitätswende zeigen.
“Mehr Platz fürs Rad” wünscht sich die Radlobby ARGUS Steiermark seit 2016. Dass sich auch nach Ausrufung der Radoffensive das autonormative Selbstverständnis vieler Politiker*innen nicht geändert hat, zeigt dieser Fall auf bedauernswerte Weise. Dabei ist die Frage zweitrangig, ob es sich bei dem abgasfreien Gefährt, das den öffentlichen Raum aufwertet, um ein Fahrrad handelt oder nicht.
Wir appellieren daher dringend an die Verantwortlichen in Politik und Behörden, vor allem auch vor dem Hintergrund der dringend zu erreichenden Klimaziele, die unser Überleben sichern, endlich damit aufzuhören, sanfte Mobilität aktiv zu bekämpfen sondern diese vielmehr zu stärken und tatsächlich zu fördern.
Der Vorstand der Radlobby ARGUS Steiermark
Heidi Schmitt, Stephan Landgraf, Simone Feigl, Walter Bradler
Kontakt für Rückfragen:
Dr. Heidi Schmitt
Obfrau
T 0043-676-685 7558