VeloRution now: Vor 40 Jahren bogen sich die Speichen

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Natürlich: Weg war es nie, das Fahrrad. Aber abgemeldet als Verkehrsmittel, in den 1960er- und 1970er-Jahren an den Rand gedrückt von der Massenmotorisierung. Der Neustart erfolgte im Juni 1979: eine Spurensuche in Österreich und speziell in Graz.

Rund um die Volksabstimmung über das Atomkraftwerk Zwentendorf am 5. November 1978 kam etwas in Bewegung: In Graz trafen sich erstmals verschiedene Alternativgruppen Österreichs auf Einladung der EVG (Erklärung von Graz) und diskutierten einen neuen Umgang mit Energie und Mobilität. Gefordert wurde die Zurückdrängung des Autos und die Förderung des nichtmotorisierten und des öffentlichen Verkehrs sowie eine Umorientierung der Stadt- und Raumplanung. Aus diesem Arbeitskreis ging die Arbeitsgemeinschaft Alternative Verkehrspolitik Graz (AVG) hervor, die sich als "eine Art `Anlaufstelle´ für die bereits reichlich vorhandenen Ideen und Vorstellungen einer humaneren Verkehrspolitik" sah. 

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Wilhelm-Fischer-Allee - Glacisstraße: Ende des Sponti-Radwegs. (Foto: Sammlung Günther Tischler)


VeloRution kam in die Gänge
Am 9. Juni 1979 ließ man Taten folgen. In Wien, Graz, Linz und Salzburg rotteten sich RadlerInnen zusammen und skandierten "Macht Platz - Fahrrad kommt!", "Wir wollen nicht unter die Räder kommen - noch strampeln wir!" und "Wir haben nichts zu verlieren außer unseren Ketten". Rund 2000 radelten und marschierten durch die Herrengasse zum Hauptplatz, die Räder schiebend, zum Teil tragend, weil damals sogar das Schieben in der Fuzo verboten war. Unter den Rädelsführern Günther Tischler und Peter Pritz (†1983), nachmalige Gründer der Grünen-Vorläufer Alternative Liste Graz ALG, wurde das Rathaus in "RADhaus" umbenannt und abschließend eine Gebrauchtradauktion im Stadtpark abgehalten. Die Fotodokumentation besorgte damals Werner Gottlieb, was im Zuge der 2021/22 im Graz Museum gezeigten Ausstellung "Hätte, hätte, Fahrradkette ..." rekonstruiert werden konnte.


Ein Jahr darauf, im Juni 1980, kam es im Vorfeld der zweiten Demo im Stadtpark zu einer Nacht- und Nebel-Aktion von Aktivisten: Der erste Radweg wurde in Eigenregie aufgepinselt. Eine Aktion, um die sich heute Legenden ranken und die jedenfalls erfolgeich war: Schon laufende Planungen der Stadt kamen endlich in die Gänge und wenige Monate später wurde die Sponti-Markierung durch erste echte Radwege ersetzt. Die "VeloRution" war im Sattel.
 


Radlobby ARGUS: Aus dem Widerstand geboren
Anfang der 1980er-Jahre erfolgte in Graz die Grundlegung des heute existierenden Radverkehrsnetzes; die Öffnung von Einbahnen (ab 1981) und "flächendeckend Tempo 30 ausgenommen Vorrangstraßen" (1992) schufen ein beradelbares Verkehrssystem. Verbunden war dieser Shift vor allem mit dem Namen Erich Edegger, der als für Planung und Verkehr zuständiger ÖVP-Vizebürgermeister den Weg freimachte; Graz verdiente 100 Jahre nach der ersten Blüte seinen Ruf als Österreichs Fahrradhauptstadt, als "Radnabe(l) Österreichs" wieder zurück, resümmierte der "Drahtesel", das Organ der Radlobby ARGUS 1990.

Apropos ARGUS - Arbeitsgemeinschaft umweltfreundlicher Stadtverkehr: Auch sie ist aus dem Widerstand geboren, wie Matthias Bernold im Freitritt, dem Radblog der "Wiener Zeitung" titelt: Am 12. Juli 1979 wurde der Verein eingetragen, der sich bis heute als mitgliederstärkste Radfahrer-Organisation Österreichs für bessere Infrastruktur, höhere Investitionen und Wertschätzung für den Radverkehr und mehr Sicherheit der nicht motorisierten VerkehrsteilnehmerInnen einsetzt. In Graz wurde die ARGUS als eigener Verein 1998 gegründet und befindet sich heute unter dem Dach der RADLOBBY Österreich.

WOLFGANG WEHAP

 

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