Grüne Welle für den Radverkehr

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Es gibt wenig, was im Verkehr mehr nervt als rote Ampeln. Das gilt für Radfahrer*innen genauso wie für Autofahrende – nur dass die Ampelschaltungen in den österreichischen Städten meist für letztere konzipiert sind und ersteren unnötige Wartezeiten aufzwingen. Wir erklären, wie Politik und Behörden durch bessere Ampelschaltungen mehr Menschen aufs Rad bringen können.

Flüssigkeit herstellen

Radfahrende sparen beim flüssigen Durchfahren nicht nur Zeit, sondern auch Körperenergie: Das Anfahren nach einem vollständigen Stillstand kostet so viel Energie wie eine Fahrt von 75 bis 100 Metern. Je seltener Radfahrende an Ampeln gestoppt werden und je kürzer sie auf Grün warten müssen, desto attraktiver wird also das Fahrradfahren. Ampeln besser zu programmieren und Ampelkreuzungen umzubauen, ist daher ein schneller und günstiger Weg, die Abgaslast in den Städten zu verringern und das Klima zu schützen.

Wartezeiten verkürzen

Derzeit müssen Radler*innen an ampelgeregelten Kreuzungen oft zwei Minuten auf Grün warten – dabei empfehlen die Österreichischen Richtlinien und Vorschriften für das Straßenwesen (RVS) für den Radverkehr eine maximale Wartezeit von 40 Sekunden. Eine Möglichkeit, die Wartezeiten zu verkürzen, ist eine Verkürzung der Gesamtumlaufzeit der Ampelkreuzung, also der Zeit, die vergeht, bis alle Verkehrsteilnehmer*innen einmal Grün hatten. Bei gut geschalteten Ampeln dauert ein Umlauf 45 bis 60 Sekunden. Eine andere Möglichkeit ist, dem Radverkehr innerhalb eines Umlaufs zwei Mal Grün zu geben. An der Kreuzung Löwengasse/Untere Viaduktgasse in Wien-Landstraße funktioniert dieses Modell bereits sehr gut. 

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Grüne Welle für Radwege 

2012 führte die Stadt Kopenhagen nach einer fünfjährigen Testphase im gesamten Stadtgebiet die Grüne Welle auf Radwegen ein. Wer auf einer Pendelstrecke, etwa der zwischen Kopenhagen und dem Vorort Albertslund, konstant 20km/h fährt, kann die gesamte Strecke ohne Anhalten zurücklegen. An manchen Strecken erkennen Radler*innen an LED-Lichtern entlang des Radwegs, ob sie in der passenden Geschwindigkeit fahren. 

Unnötige Ampeln entfernen 

In verkehrstechnisch führenden Ländern wie Dänemark oder den Niederlanden werden Ampeln nicht in erster Linie als Einrichtung der Verkehrssicherheit betrachtet, sondern als ein Werkzeug für das Verkehrsmanagement, das nicht öfter eingesetzt werden soll als unbedingt nötig. Im Vergleich dazu ist Wien mit durchschnittlich einer Ampel pro 2,15 Straßenkilometern besonders „verampelt“. 

So werden Ampeln hierzulande manchmal an Kreuzungen innerhalb von Tempo-30-Zonen eingesetzt, um ein zu hohes Kfz-Aufkommen in den Griff zu bekommen. Viel sinnvoller und langfristig auch billiger wäre es, an solchen Orten verkehrsberuhigende Maßnahmen wie bauliche Durchfahrtsfilter für Kraftfahrzeuge zu setzen. Das können Poller sein, Sackgassen nur für Autos oder gegenläufige, aber für Radfahrende geöffnete Einbahnen. Letztere Maßnahme kann man etwa in der Großen Stadtgutgasse in Wien-Leopoldstadt besichtigen, die ersten beiden entlang der Goldschlagstraße, einer Fahrradstraße im 15. Bezirk. Positiver Nebeneffekt: Dadurch ergeben sich autofreie Vorplätze etwa vor Schulen oder Pflegeheimen. 

Rotensterngasse ampelfrei (Robert Wallner)

Rotensterngasse ampelfrei 

An Kreuzungen, bei denen nur Fußgänger*innen, aber keine Kraftfahrzeuge einen Radweg queren können, sind Radampeln unnötig. Wichtig ist hingegen, dass es dort Aufstellflächen für Fußgänger*innen gibt, also Flächen zwischen Radweg und Fahrbahn, auf der sie auf die Möglichkeit warten können, die Straße zu überqueren. Ohne Aufstellflächen warten Fußgänger*innen gezwungenermaßen entweder auf dem Radweg oder queren diesen, für die Radfahrenden oft unerwartet, wenn sie Grün bekommen – beide Varianten können leicht zu Konflikten oder gar Unfällen zwischen Radfahrenden und Fußgänger*innen führen.

Eigenständige Rad-Signalisierung einführen 

Radfahrende sind schneller unterwegs als Fußgänger*innen – aber an vielen Kreuzungen müssen sich beide Gruppen eine Ampel teilen. Dadurch bekommen Radfahrende früher Rot als notwendig und müssen ihre Fahrt oft unnötigerweise stoppen, um auf die nächste Grünphase zu warten. Zumindest an Kreuzungen, an denen Fuß- und Radverkehr mehr als einen Fahrstreifen pro Richtung kreuzen müssen, sollte es schon gemäß der derzeit geltenden Richtlinien getrennte Ampeln geben, in der Realität ist das aber oft noch nicht der Fall. 

Getrennte Ampeln für den Rad- und den motorisierten Verkehr sind wiederum – nicht nur aus Flüssigkeits-, sondern vor allem auch aus Sicherheitsgründen – dort besonders wichtig und auch in den RVS vorgeschrieben, wo viele Autos abbiegen und dabei eine Radüberfahrt kreuzen. An solchen Kreuzungen sollte der geradeaus fahrende Radverkehr zumindest ein vorauseilendes Grün bekommen, also einige Sekunden Sicherheitsvorsprung, in denen Radfahrende die Kreuzung queren können, bevor die Autofahrer*innen abbiegen dürfen. Gibt es zwei oder mehr Abbiegespuren für Autos reicht diese Lösung allerdings nicht aus, denn hier blockiert oft ein abbiegendes Auto dem anderen die Sicht auf die Menschen zu Fuß und auf dem Rad. An solchen Kreuzungen – in Wien gilt das zum Beispiel für die Einmündung der Gußhausstraße in den Schwarzenbergplatz – dürfen abbiegende Autofahrer*innen nie gleichzeitig mit dem Fuß- und Radverkehr Grün haben. 

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Last, but not least: Für den Autoverkehr gibt es schon seit Jahrzehnten auf jeder größeren Straße mehrere Spuren mit unterschiedlichen Lichtzeichen pro Fahrtrichtung. Eine solche Spurensignalisierung für den Radverkehr würde viele unnötige Wartezeiten verhindern.

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An der Kreuzung Kobingergasse Ecke Schönbrunner Straße zum Beispiel, einem kleinen Verkehrsknotenpunkt auf der Radschnellverbindung West. Hier müssen Radfahrer*innen, die rechts abbiegend Stadtauswärts fahren und jene die bloß geradeaus fahren gemeinsam lange warten. Mangels getrennter Signalisierung bekommen sie nur ein Mal pro Umlauf Grün. Mittels getrennter Signalisierung könnte die Radschnellverbindung hier fast Dauergrün haben. Diesbezügliche Urgenzen liegen schon mehrere Jahre entscheidungslos in der Verkehrskommission Meidling.

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Lange wartet man hier auf Grün in der Kobingergasse. Was fehlt ist ein Signalgeber für die Abbiegespur. Damit könnte die Radschnellverbindung West (hier rechtsabbiegend) fast ununterbrochen Grün haben.

Detektion vermehrt einsetzen 

In den Niederlanden sind Induktionsschleifen, Radar und Kameras an Kreuzungen bereits weitverbreitet. Diese Sensoren erkennen wartende und sich nähernde Autos und Radfahrer*innen und steuern die Grün- und Rotphasen entsprechend. In Österreich hingegen müssen Fußgänger*innen und Radfahrende oft unnötig vor Ampeln anhalten oder viel zu lange warten, auch wenn kein Auto weit und breit in Sicht ist. Radampeln hängen in Österreich übrigens oft so niedrig, dass sie durch geparkte Fahrzeuge leicht verdeckt werden können. Sie höher zu montieren, ist eine einfache Maßnahme zur Steigerung der Verkehrssicherheit.

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Abbiegeausnahmen in StVO aufnehmen 

187 Millionen Menschen in Europa durften auf dem Rad schon im Jahr 2017 dank Ampel-Zusatztafeln auch bei Rot rechts abbiegen, wobei Vorrang geben gegenüber dem Querverkehr inklusive Fußgänger*innen gilt. Von Dänemark über Belgien und Frankreich bis nach Slowenien gibt es seit Jahren solche Regelungen. Hier ist der Bund gefragt: Schon um den internationalen Anschluss nicht zu verlieren, sollte Österreich rasch ebenfalls eine Rechtsabbiegeausnahme einführen. 


Quelle: Drahtesel

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