Wahlbarometer: Welche Parteien unterstützen die Forderungen der RadfahrerInnen?

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Im Jahre 2012 beschloss der Gemeinderat einstimmig, den Radverkehr zu fördern und den Radverkehrsanteil bis 2020 auf 15 % zu erhöhen. Geschafft wurde bisher nicht viel: Zu wenig Personal, zu wenig Geld und keine durchgreifenden Konzepte.

Am 26. September wählt Linz einen neuen Gemeinderat. Die Radlobby Linz hat daher gemeinsam mit Linzer Radbotschafterinnen und Radbotschaftern 10 konkrete Forderungen für die wahlwerbenden Parteien aufgestellt.

Welche Partei ist im Verkehrsbereich progressiv und verantwortungsvoll? Wer kann die Herausforderungen der aktuellen Klima- und Verkehrspolitik erkennen? Wir wollen den 140.000 Linzer WählerInnen eine unabhängige Entscheidungshilfe bieten.

Die 11 wahlwerbenden Parteien SPÖ, FPÖ, ÖVP, Grüne, Neos, KPÖ, Linz Plus, Wandel, Volt, Referendum und MFG wurden ab Anfang August um Antworten zu 10 konkreten Forderungen der RadfahrerInnen gebeten.

Von fast allen Parteien kamen Rückmeldungen. Positiv hat uns gestimmt, dass sich viele Parteien die Forderungen gut angesehen haben und auch selbst Ideen zu den Themen entwickelten. Die ambitionierten Forderungen wurden von der Mehrzahl der Parteien unterstützt. Leider aber nicht von allen: Von der SPÖ als derzeit stimmenstärkste Partei würden sich wohl viele ihrer radfahrenden WählerInnen mehr Unterstützung erwarten. Keine Antwort trotz Fristverlängerung kam von der FPÖ - fatal, wenn man bedenkt, dass die FPÖ derzeit den Verkehrsstadtrat stellt.

Ein Blick auf die Zusammenfassung zeigt, welche Parteien radfahrfreundlich sind und welche die Entscheidung für ein radfahrfreundliches Linz in die Zukunft verschieben.

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Wahlbarometer Linzer Gemeinderatswahl 2021 - Zusammenfassung (Radlobby Linz)

Die 10 Forderungen sind hier im Detail nachzulesen.

Die Parteien konnten ihre Unterstützung oder Ablehnung der Forderung auch mit Anmerkungen erläutern, was sie auch durchwegs nutzten. Die Antworten sind ebenfalls veröffentlicht. Daraus ergibt sich für bestehende oder potentielle WählerInnen auch die Möglichkeit, die Parteien zu kontaktieren und deren Standpunkte vielleicht zu hinterfragen.

Durch ihre Ausführungen zeigen die Grünen, die KPÖ und Linz Plus eine hohe Unterstützung für den Radverkehr, auch Volt und Wandel sind radfahrfreundlich. Knapp dahinter zeigen ÖVP und NEOS in weiten Teilen Zustimmung für die Forderungen. Einige Ideen sind jedoch auch 2021 anscheinend noch zu visionär und werden von ihnen nur mit Vorbehalt unterstützt. Die Partei Referendum will jegliche Forderung als "Volksbefragung" entscheiden lassen und kann daher nicht als direkte Unterstützerin des Radfahrens im Wahlbarometer präsentiert werden.

Die SPÖ nimmt eine Zwischenstellung ein: Radfahren ja, aber ohne wesentlich Änderung des Status Quo. Zitate wie „Gegenseitiger Respekt ist durch keine bauliche Maßnahme zu ersetzen“ und Radfahrende müssen manchmal auch „bremsen und ausweichen“ schmerzen die Linzer RadfahrerInnen, die sich keine derartigen Slogans sondern echte Verbesserungen gefährlicher Radwege wünschen.

Von der FPÖ gab es trotz mehrmaliger Nachfrage keine Rückmeldung zum Wahlbarometer und damit auch keine Ausführungen, die tiefer blicken lassen würden. Immerhin hätte die FPÖ auch einige der Punkte schon bisher umsetzen können, wenn man sich die Zustimmung den anderen Parteien anschaut. Radfahrende müssen daher in allen Punkten leider „keine Unterstützung“ annehmen.

Weitere interessante Detail-Analysen der Rückmeldungen sind unten zu finden.

Zusammenfassend meint Thomas Hofer von der Radlobby Linz: „Wer das Linzer Staudilemma lösen möchte, muss neben neuen Brücken auch echte Radinfrastruktur bauen. Es braucht hier eine neue Verteilung des innerstädtischen Raumes, weg von einer Pendler-Transitzone hin zur menschenfreundlichen Stadt! Dazu ist politischer Mut gefragt, die Chance zur Veränderung liegt in der Bleistiftspitze der WählerInnen.“

Dokumente


Wahlbarometer Version: 9. September 2021 - Irrtum vorbehalten.

Rückfragen / Feedback zum Wahlbarometer.


 

Detail-Analysen (Auswahl):

Von den Grünen und Linz Plus wird die Forderung nach 30 Kilometer Radhauptrouten, die ein effizientes Fortbewegen mit dem Fahrrad sicherstellen sollen, als rasch bzw. dringend umzusetzende Maßnahme gesehen, auch die ÖVP unterstützt die Forderung und weist auf die notwendigen finanziellen Mittel mit deutlich höheren Radfahrbudgets in Salzburg und Graz hin. KPÖ, Neos, Volt und Wandel verstehen die Intention und unterstützen die Forderung auch voll. Zögerlicher gibt sich die SPÖ, sie möchte zuerst "eingehend prüfen" und rechnet mit "mehr Zeit als eine Amtsperiode". Was meint nun die Partei des derzeitigen Verkehrsstadtrats Markus Hein, die FPÖ? Aus dem Büro Hein kam trotz mehrfacher Bitte um eine Stellungnahme zu den 10 Forderungen keine Rückmeldung.

Eine weitere Forderung ist ein Sicherheitsabstand von 1,2m auf Radwegen zu parkenden Autos, um Verletzungen durch sich plötzlich öffnende Türen zu verhindern ("Dooring"). Auch hier kommt Unterstützung mit eigenen Begründungen von KPÖ, Grünen und Linz Plus. Volt und Wandel unterstützen voll ohne weiteren Kommentar. Die ÖVP spricht sich zwar für Verbesserungen aus, nur dort, wo es "rechtlich und baulich möglich, sicher und auch sinnvoll" ist - wir meinen ja überall. Neos wägt Geld und Parkplätze gegen die Sicherheit von RadfahrerInnen ab, findet die Forderung aber "an sich sehr unterstützenswert". Die SPÖ spricht sich auch nur mit Vorbehalt dafür aus und mahnt "mehr Respekt und Achtsamkeit ein". Die FPÖ hat auch hier keine Position bezogen.

Welcher Linzer Radfahrer hat sich noch nicht über das Rumpelpflaster auf der Linzer Landstraße und in der Altstadt geärgert und eine Verbesserung der Situation erhofft. Die Hoffnung lebt hier zuerst bei Grünen, Linz Plus, KPÖ und auch ÖVP. SPÖ, Wandel und Volt unterstützen den Vorschlag zumindest. Warum alles so ist, wie es derzeit ist, erklärt die Rückmeldung der SPÖ: Der Denkmalschutz wird dagegen ins Spiel gebracht, und irgendwie passe das Rumpelpflaster ja auch zum Flair von Linz. Keine Rückmeldung von der FPÖ, der die Radlobby schon mehrmals Verbesserungsvorschläge beim Rumpelpflaster zugetragen hätte.

Ein demnächst wieder aktuelles Thema ist der sichere Schulweg mit dem Fahrrad. Wir fordern temporäre autofreie Zonen vor den Schulen und die Unterstützung von Radfahrgemeinschaften für Schulkinder. Für diesen Vorschlag findet sich eine breite Unterstützung, neben den Grünen, der KPÖ und Linz Plus befürworten auch Volt, die NEOS und Wandel diesen Vorschlag. Die ÖVP unterstützt mit Vorbehalt, mahnt bewusstseinsbildende Maßnahmen ein und fordert die Einbindung der Eltervereine. Die SPÖ unterstützt mit Vorbehalt, ist jedoch froh "wenn Eltern ihre Kinder überhaupt zum Präsenzunterricht schicken.“ Die FPÖ bleibt auch hier eine Antwort schuldig.

Das Thema Sicherheit wird im Wahlkampf von vielen Parteien beworben. Die Radlobby hat nun konkret mehr Sicherheit für Radfahrende unter anderem auch durch Fahrradstraßen und Tempo-30-Schutzzonen im Mischverkehr gefordert. Zahlreiche europäische Städte wie Paris und Madrid sind hier Vorreiter, was sagen die Linzer Parteien dazu?
Die Grünen sind für "flächendeckende Einführung von 30iger Zonen bis auf wenige Ausnahmen", Linz Plus setzt sich auch für einen "bauliche Reduktion der überbreiten Fahrspuren, dadurch würde sich die Geschwindigkeit automatisch reduzieren". Auch NEOS, KPÖ, Wandel und Volt unterstützen die "Entschleunigung" und weisen auf die gleichzeitig "geringere Lärm und Schadstoffbelastung" hin. Die ÖVP ist "prinzipiell für die Ausweitung der 30iger Zonen", die SPÖ sieht Probleme in der Umsetzbarkeit "da die Stadt Linz nicht auf allen Straßen in Linz über die alleinige Verordnungskompetenz verfüge".

Fahrradstraßen werden von der SPÖ als "neuer Straßentypus in Linz" eher mit Vorbehalt aufgenommen, von anderen Parteien jedoch "unbedingt" (KPÖ) unterstützt. Die Grünen liefern mit der Fadingerstraße auch ein erstes konkretes Beispiel. Linz Plus kann sich mehr als 5 Fahrradstraßen in Linz vorstellen und verweist wiederum auf ihre "Road Diet"-Anträge. Der Standpunkt der FPÖ lässt sich nicht nur an der fehlenden Rückmeldung sondern auch an der derzeitigen Anzahl der Fahrradstraßen in Linz herleiten: 0.

Eine Mobilitätsagentur für FußgängerInnen und RadfahrerInnen, nach dem Vorbild europäischer Fahrradstädte, wird von Grünen, KPÖ, Volt, Wandel und auch ÖVP unterstützt.
Die NEOS möchten auch Scooter und car-sharing integriert sehen und Linz Plus fordert zusätzlich "einen Wechsel beim Politpersonal". Die SPÖ lehnt eine Mobilitätsagentur ab! Sie verweist auf das bestehende Angebot der Mobilitätsberatung und auf den Linzer Radfahrbeauftragen - eine magere Alternative zur ambitionierten Vision, wie Linzer RadfahrerInnen wissen. Die FPÖ enthält sich auch hier einer Stellungnahme und unterstützt somit auch diese sinnvolle Forderung nicht.