Ende November trafen sich Aktive, Expert*innen und Interessierte in Wien, um gemeinsam Ideen für...
Bahnbrechendes Urteil zu Anti-Dooring-Abstand
Ein erfreuliches Gerichtsurteil sorgt für mehr Radfahrsicherheit: Der richtige Abstand zu parkenden Autos kann bei abrupt geöffneten Autotüren über die Gesundheit von Radfahrenden entscheiden. Dennoch wird das Einhalten eines Sicherheitsabstandes oft von AutofahrerInnen oder gar der Polizei als regelwidrig empfunden. Nun hat Radlobby-Anwalt Dr. Johannes Pepelnik vor dem Verwaltungsgericht Wien (VWG) den zulässigen Anti-Dooring-Abstand zu parkenden Autos geklärt, das betreffende Urteil unterstreicht die Position der Radlobby: 1,2 - 1,8m Abstand von parkenden Autos sind angebracht, so das VWG Wien.
Anzeige wegen Missachtung des Rechtsfahrgebots
Der betroffene Radfahrer war im September 2015 in der Schulgasse im Wiener 18. Bezirk stadteinwärts gefahren und hat zu den parkenden Autos einen Sicherheitsabstand von 1,2 - 1,8 Metern eingehalten, um sich vor unachtsam geöffneten Autotüren zu schützen, wie es auch die Radlobby Kampagne "Abstand macht sicher" empfiehlt.
Daraufhin hat er eine Anzeige wegen Missachtung des Rechtsfahrgebots (StVO §7 Abs.1) bekommen. Dieses besagt: "Der Lenker eines Fahrzeuges hat, sofern sich aus diesem Bundesgesetz nichts anderes ergibt, so weit rechts zu fahren, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer, ohne eigene Gefährdung und ohne Beschädigung von Sachen möglich ist. [...]"
Erfolgreiche Anfechtung: zulässiger Seitenabstand geklärt
Als Radlobby Mitglied konnte der Radfahrer dank des umfassenden Radlobby-Versicherungspakets den Rechtsbeistand unseres Fahrradrechtsexperten Johannes Pepelnik in Anspruch nehmen, um gegen dieses Urteil Beschwerde einzulegen. Resultat ein Jahr danach: der Beschwerde wurde stattgegeben und die Anzeige fallen gelassen. Ein Seitenabstand von 1,2 - 1,8 Metern ist bei 30 km/h "eine vertretbare Entfernung, will sich der Radfahrer nicht der Gefahr aussetzen, durch eine geöffnete Fahrzeugtüre verletzt zu werden."
Als Mindestabstand zu den parkenden Autos zieht das Verwaltungsgericht die Regel "1 Meter + die Halbe Lenkerbreite" heran, im Falle des betroffenen Radfahrers wurden daher bei Lenkerbreite 80 cm als sicherer Abstand 1,4 Meter errechnet und 1,2 - 1,8 Meter Abstand bei einer Geschwindigkeit von 30 km/h als legitim erachtet. (Alle Details und Zitate zum Urteil unten im Zitat.)
Fazit: Rechtssicherheit für Abstand
Im Fall von am Straßenrand geparkten Fahrzeugen, einem breiteren Lenker und einer höheren gefahrenen Geschwindigkeit ist also ein großer Seitenabstand zu wählen. Ob dadurch andere VerkehrsteilnehmerInnen verlangsamt werden, ist demnach als Kriterium für die Wahl des richtigen Abstands nicht so ausschlaggebend wie die eigene Sicherheit.
Das Urteil unterstreicht die Relevanz der Radlobby-Kampagne "Abstand macht sicher". Die Radlobby empfiehlt Radfahrenden als Selbstschutz einen Seitenabstand von mindestens 1,2m zwischen rechtem Lenkerende und geparkten Autos zu wahren. Radfahrende, die diesen Sicherheitsabstand wählen, haben durch das aktuelle Urteil des Verwaltungsgerichtshofs mehr Rechtssicherheit.
Verkehrsministerium am Zug
Um das Bewusstsein für die Dooring-Gefahr bei allen Verkehrsteilnehmenden zu schärfen und AutolenkerInnen auf ihre Verantwortung aufmerksam zu machen, sehen wir das Verkehrsministerium (bmvit) in der Verantwortung eine Bewusstseinskampagne auf Bundesebene durchzuführen. Das wurde ja von Minister Leichtfried in Erwägung gezogen (siehe unser Artikel "100 Maßnahmen"), ebenso wie neue Mehrzweckstreifenlösungen mit Abstandsstreifen sowie Sharrow-Markierungen. Die Radlobby tritt weiterhin für den Verzicht auf Mehrzweckstreifen in Mindestbreite neben Parkstreifen ein und für größere Mindestbreiten in der Planungsrichtlinie RVS.
Wiener Verwaltungsgericht im Zitat
In der Urteilsbegründung steht weiter:
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien, Geschäftszahl: VGW-031/022/7714/2016;
Zum Entscheidungstext im Rechtsinformationssystem (RIS)