OÖ SternRADLn und Linzer Rad-Parade werden vom Verein Radlobby...
Radhauptroute Steyregg - ein Meisterstück schaut anders aus!
In Steyregg wurde kürzlich ein neu gebautes Stück einer Radhauptroute eröffnet. Die Radlobby OÖ und im speziellen die Radlobby Steyregg haben sich schon im Vorfeld eingebracht und manche der vom Land OÖ angekündigten Begleitmaßnahmen beim Bau als überzogen kritisiert: So wurden etwa sehr kostenintensiv bestehende Mauern versetzt, um lediglich ein paar zusätzliche Zentimeter für die Radweg-Breite zu gewinnen.
Schon in der Planungsphase forderte die Radlobby die Fokussierung weniger auf Breite, sondern auf die viel wichtigeren Qualitätskriterien in der Ausführung eines Rad-Highways. Nun wurde eröffnet und es gibt in der Tat ein "imposantes" Asphaltband von 3,5 m Breite. Klar ist dies besser zu fahren, als das vorhergehende Stückwerk - und das ist gut so. Doch es ist kein Meisterstück. Es wurden vielmehr einige auch durchaus gefährliche Schnitzer eingebaut, die bei einem Rad-Highway nicht sein dürfen.
UPDATE: Durch die Initiative der Radlobby wird nun doch noch nachgebessert!
Die Mangelstellen im Detail:
1. Übergänge Radweg/Fahrbahn holprig und gefährlich
Egal was man hier seitens des Landes OÖ als Begründung für diese oder jene Holperstelle anführt: Die Übergänge (Auf- und Abfahrten auf Radweg bei Querungen mit Fahrbahnen) entsprechen explizit nicht dem Standard, den man für eine Radhauptroute erwarten darf. In Steyregg wurde eine Steigung von bis zu 50 % für die Auffahrten auf den Radweg gebaut. Das sind 4 cm Höhenunterschied auf 8 cm Länge, so etwas dürfte heutzutage nicht mehr passieren.
Rampe am Südende der Radhauptroute (Radlobby OÖ)
Diese Kanten sind nämlich nicht nur unkomfortabel sondern sie stellen eine Gefahr dar. Vor allem wenn man bei Nässe und im Winter diese steilen Auframpungen im schrägen Winkel befährt.
Wenn das Land OÖ damit den Radverkehr wirklich bewusst bremsen wollte, so ist anzumerken: Primär sollte lieber der Autoverkehr gebremst werden, weil dieser die Hauptgefahr für die schwachen Verkehrsteilnehmer darstellt.
Die Diskussion über gefährliche und unattraktive Kanten bei Radwegen hat die Radlobby OÖ mit der Stadt Linz im letzten Jahrtausend geführt: Die Stadt Linz zeigte sich damals für die Aufklärungsarbeit offen, mittlerweile gibt es eine hohe Qualität bei den Radwegübergängen. Dass diese Aufklärungsarbeit beim Land OÖ 20 Jahre später erneut anlässlich einer neuen Radhauptroute geleistet werden muss, ist unverständlich.
Beispiele von Vorgaben aus der Fachliteratur:
Vom Land OÖ wurde teils angeführt, dass die steilen Kanten notwendig sind, um eine Trennung von Abflussflächen herzustellen. Dies ist auf Radwegen anders zu lösen als in der in Steyregg gewählten Form.
2. Gefährliche Radüberfahrten an Firmeneinfahrten
Die großen Firmeneinfahrten und auch die Einfahrt zum BILLA-Markt sind nur mit kleinen Radpiktogrammen markiert und daher für viele KFZ-Lenker nur schlecht als Radüberfahrten erkennbar. Vor allem ortsunkundige Auto- und LKW-Lenker werden dadurch zu potentiellen Gefahrenquellen für alle Radfahrer.
Schlecht markierte Überfahrt (Radlobby Steyregg)
Wenn man den Anspruch eines Rad-Highways stellt, dann muss bei solchen Ein- und Ausfahrten der Radweg durchgängig rot eingefärbt werden. Es müssen auch große Radpiktogramme aufgemalt werden. Das sind lediglich Kosten für etwas Farbe.
3. Wartefläche für Bushaltestelle mitten auf Rad-Highway
Auf einem Highway für KFZ (einer Autobahn) ist es ausgeschlossen, dass sich andere Verkehrsteilnehmer, Autos oder Fußgänger, parkend oder wartend einfach mitten auf den Fahrbahnen aufhalten. In Steyregg zwingt man aber Fußgänger mitten auf dem Rad-Highway auf den Bus zu warten: Das Land OÖ hat sich entschieden, die Radhauptroute mitten durch die Wartefläche der Bushaltestelle zu führen.
Radhauptroute mitten durch Bushaltestelle (Radlobby OÖ)
Was ist die Lösung auf der Autobahn bei unvermeidbaren Hindernissen z. B. bei Baustellen? Natürlich wird dort einfach für eine kurze Strecke die Anzahl an Fahrspuren reduziert, um Konflikte zu vermeiden. Natürlich hätte auch der Rad-Highway in Steyregg einfach etwas schmäler hinten dem Buswartehäuschen herumgeführt werden sollen. Doch statt eines annehmbaren Kompromisses in Form einer Einengung auf ein paar Meter Länge wurde eine permanente Konfliktzone zwischen wartenden Öffi-Kunden und durchradelnden Radfahrern in Kauf genommen.
4. Unmotivierte Verschwenkungen am Ende der Radhauptroute
In den Grundlagen für Radhauptrouten des Landes OÖ steht u.a. als Vorgabe: „Direkte Linienführung und Vermeidung von Verschwenkungen“
Beim nördlichen Ende in Steyregg ging offenbar was schief: Hier muss die Radhauptroute eine Kurve nehmen - aber aus einer Kurve wurden gleich 3 Kurven. Die Radwegführung erinnert an einen von zwei Seiten durchgeführten Tunnelbau, wo man sich in der Mitte leider nicht getroffen hat.
Nordende Radhauptroute (Radlobby OÖ)
Diese Stelle ist zu korrigieren. Es muss eine durchgehende Verbindung zum bestehenden Radweg ohne unnötigen Verschwenkungen geben. Eine Radfahrüberfahrt über die zu querende untergeordnete Straße wäre die logische Folge. Die Blick- und Platzverhältnisse sind so, dass das ohne wesentliche Beeinträchtigung der Windegg-Straße funktionieren muss.
5. Keine Rad-Zufahrten zu den Geschäften
Entlang der Radhauptroute gibt es den Supermärkten und Einkaufszentrum gleich 4 KFZ-Zufahrten, die alle großzügig breit für LKW-LKW-Begegnungsverkehrs dimensioniert sind. Immerhin sind auch zwei Fußgängerübergänge vorhanden. Allerdings gibt es vom neuen Rad-Highway keine einzige STVO-konforme Radzufahrt zu den vorhandenen Radabstellanlagen bei den Geschäften.
„Absteigen und Schieben“ am schmalen Fußgängerzugang kann jedoch nicht der Anspruch als Anbindung an einen Rad-Highway sein. Es muss markierte Radüberfahrten geben.
Fazit
Schon im Vorfeld der Planungen und während des Baus hat die Radlobby mehrmals Bedenken bezüglich des gewählten Schwerpunktes geäußert, den das Land OÖ in Steyregg offenbar gewählt hat. Ein Rad-Highway ist nicht nur ein „breites Asphaltband“. Die Fachliteratur und das Land OÖ selbst in den eigenen Richtlinien geben aber zahlreiche weitere Qualitätskritieren vor, die hier zu beachten gewesen wären.
Die Radhauptroute in Steyregg ist leider noch kein Vorzeige-Projekt - unverständlich bei angefallenen Gesamtkosten von 2 Millionen Euro für rund 1 Kilometer Radweg. Erst mit der Behebung der angeführten Mängel wird dieser Abschnitt dem Standard einer Radhauptroute gerecht!
Zu der im Vorjahr eröffneten neuen Radhauptroute Linz-Puchenau hat die Radlobby zur gelungenen Ausführung gratuliert. Weil dies eigentlich nur der „einfache Umbau“ eines kreuzungsfreien Treppelwegs zum Radweg war, war die Ausführung als Radhauptroute für das Land offenbar einfach. In Steyregg gab es deutlich mehr Herausforderungen mit anderen Verkehrsformen wie KFZ und Fußgänger. Es bleibt zu hoffen, dass bei den weiteren geplanten Radhauptrouten mehr Augenmerk auf die Qualitätskriterien gelegt wird, die eine Radhauptroute ausmachen.