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Schrittweise zur Verkehrswende: Nibelungenbrücke 2023 klimafreundlicher gestalten - ohne Baumaßnahmen!
Die Radlobby Linz begrüßt die konkrete Zusage des Linzer Vizebürgermeisters Martin Hajart, zuständig für Verkehr, zwei Fahrspuren auf der Nibelungenbrücke für den Radverkehr umzubauen. Das wird in der Tat ein Meilenstein auf dem Weg zur Linzer Verkehrswende werden. Jedoch wird dies laut Politik frühestens mit Fertigstellungstermin der Westringbrücke möglich sein, also vermutlich im Jahr 2025.
Wenn man von Meilensteinen spricht, wird einem klar: Für eine Verkehrswende braucht es viele Meilensteine, also viele Maßnahmen unterschiedlicher Tragweite. Der Weg zu einer sicheren und klimafreundlicheren Nibelungenbrücke beginnt heute, mit ersten Schritten, die schon jetzt ohne Baumaßnahmen gestartet werden können.
Die 2 Jahre bis zu den versprochenen Radspuren sind noch lang: Mehr als 1 Million RadfahrerInnen sind pro Jahr auf der unsicheren Nibelungenbrücke akut gefährdet.
- Im Schnitt fahren 35.000 Kfz täglich über die Brücke.
- An Radfahrspitzentagen sind rund 5.000 RadfahrerInnen pro Tag unterwegs.
- An einem typischen Werktag queren knapp 800 Straßenbahnen planmäßig.
Laut Radlobby-Schätzungen wurde im Jahre 2020 die Grenze von 1 Million RadfahrerInnen / Jahr erreicht.
- Die Zählstellen der Stadt Linz erfassten 2020 ca. 750.000 RadfahrerInnen
- Hinzu kommen RadfahrerInnen Richtung Norden, die nicht von der Zählstelle erfasst werden, weil sie vorher Richtung AEC-Rampe abbiegen. Wir gehen von aufgrund von Hochrechnungen von mindestens 250.000 pro Jahr zusätzlich aus.
Siehe auch: Radzählstellen der Stadt Linz
Es steht eine Klimakrise ins Haus, die Auswirkungen einer möglichen Klimakatastrophe sind schon zu spüren. Ambitioniertere Klimaschutzmaßnahmen zum Gegensteuern sind unmittelbar notwendig. Deswegen müssen die aktuell zuständigen Politiker an Tempo zulegen, leider auch aufgrund der Untätigkeit ihrer Vorgängerinnen und Vorgänger.
Die Politik darf überfällige Maßnahmen im Bereich der Nibelungenbrücke nicht mehr verschieben, wie sie es seit Jahrzehnten macht. Sie darf den Autoverkehr nicht weitere 2 Jahre massiv bevorzugen. Es geht nicht mehr darum, ob man in den nächsten zwei Jahren Klimaschutzmaßnahmen auf der Nibelungenbrücke umsetzt, es geht nur mehr darum, welche zuerst. Aus der Zeit gefallen wirkt da das Auftreten von Verkehrslandesrat Günther Steinkellner, der jüngst den demokratisch notwendigen Diskurs über eine Verkehrswende, etwa über weitergehende Maßnahmen auf der Brücke mit brachialer Wortwahl für beendet erklärte. Er war glücklicherweise erfolglos, wie zahlreiche nachfolgende Wortmeldungen zeigten. Diskurs muss immer möglich sein, bei Klimaschutzmaßnahmen umso mehr!
Für die Menschen in Linz beginnt der Weg zu einer sicheren und klimafreundlicheren Nibelungenbrücke sofort mit ersten Schritten, die ohne Baumaßnahmen möglich sind.
Schritt 1: Tempo 30 zur Sicherheit
Im Bereich vor dem Ars Electronica Center müssen RadfahrerInnen mit Kfz und tonnenschweren LKWs im Mischverkehr mitradeln. In diesem Umfeld - dort ist auch eine Busbucht mit ein- und ausfahrenden Linienbussen - ist bei massivem Kfz-Verkehr ein Radeln im Mischverkehr bei Tempo 50 nicht zulässig - und zwar keinen Tag mehr!
Tempolimit von 30 km/h zur Vermeidung von tödlichen Unfällen - hier nur temporär anlässlich einer Baustelle (Radlobby Linz)
Es gibt einen Linzer Gemeinderatsbeschluss, der solch gefährlichen Mischverkehr seit 30 Jahren verbietet - und er wird leider seitens der Stadt Linz und aller Verkehrsstadträte bisher ignoriert.
Ohne jegliche Baumaßnahme kann hier durch eine eindeutige, überwachte Tempo-30-Schutzzone ein deutlich sicheres Umfeld für den Radverkehr geschaffen werden.
VCÖ: Geringeres Pkw-Tempo reduziert Risiko tödlicher Unfälle
Schritt 2: StVO verlangt seit 1.10.2022 Reißverschlusssystem Rad-/Autoverkehr
Der Gesetzgeber hat im Herbst mit der Novellierung der StVO bewusst den Radverkehr aufgewertet und Regelungen eingeführt, um ihn sicherer zu machen. Dazu zählt auch das gleichwertige Weiterfahren von RadfahrerInnen am Ende eines Radwegs, d.h. das Reißverschlusssystem von Kfz- und Radverkehr.
(5) Wenn auf Straßen mit mehr als einem Fahrstreifen für die betreffende Fahrtrichtung ... ein Fahrstreifen endet, ist den am Weiterfahren gehinderten Fahrzeugen der Wechsel auf den zunächst gelegen verbleibenden Fahrstreifen in der Weise zu ermöglichen, dass diese Fahrzeuge jeweils im Wechsel einem auf dem durchgehenden Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug nachfolgen können (Reißverschlusssystem). Das Reißverschlusssystem ist auch anzuwenden, wenn die beschriebenen Umstände in Bezug auf einen Radfahrstreifen oder innerhalb des Ortsgebietes auf einen parallel einmündenden Radweg, nach dessen Verlassen der Radfahrer die Fahrtrichtung beibehält, auftreten.
Dies ist eine neue Situation für die Stadt Linz - sie muss tätig werden und entsprechende Maßnahmen ergreifen, dass zu schnelle AutofahrerInnen RadfahrerInnen, die auf der Straße weiterfahren, nicht gefährden. Das Reißverschlusssystem funktioniert nämlich nur bei ähnlichen Geschwindigkeiten.
Hier müssen täglich bis zu 2.000 RadfahrerInnen auf die dreispurige Fahrbahn wechseln (Radlobby Linz)
Nur weil hier ein Gesetz offensichtlich von den Autofahrern - im besten Fall noch aus Unkenntnis - missachtet wird und von der Polizei auch nicht kontrolliert wird, kann man als Straßenbetreiber nicht einfach wegschauen und das so weiterlaufen lassen.
So geht es: Diese Gefahrenstelle braucht ein entsprechendes Gefahrenschild (Fotomontage Radlobby Linz)
Schritt 3: Mehr Sicherheit auf der Brücke
Täglich fahren Hunderte Lkws und Tausende Pkw viel zu knapp an RadfahrerInnen am Brückenradweg vorbei, weil sie der Meinung sind, sie können ohne Berücksichtigung der RadfahrerInnen am daneben geführten Brückenradweg unterwegs sein. Der Abstand vom Radweg bis zur Fahrbahn beträgt nur 39 cm. Tatsächlich gilt aber §15 Abs. 4 StVO: „Beim Überholen ist ein der Verkehrssicherheit und der Fahrgeschwindigkeit entsprechender seitlicher Abstand vom Fahrzeug, das überholt wird, einzuhalten.“ Das ist gemäß vielen Erkenntnissen bei Tempo 50 mindestens 1,00 m, was hier jeden Tag tausendfach mit Tempo 50 und mehr unterschritten wird.
Der Sicherheitsabstand zwischen RadfahrerInnen und Kfz wird auf der Nibelungenbrücke nicht eingehalten (Radlobby Linz)
Dieses knappe Vorbeifahren ist mit ein Grund, wieso die Nibelungenbrücke bei vielen Linzerinnen und Linzern auf dem Fahrrad so gefürchtet ist: Am äußert schmalen Radweg (80-85 cm) kommen einem von der einen Seite FußgängerInnen sehr nahe, auf der anderen Seite rasen Autos und Busse knapp vorbei. Es gab schon Unfälle, bei denen RadlerInnen auf die Fahrbahn stürzten. Genau deswegen darf der Autoverkehr nicht mehr zu schnell bzw. zu knapp am Radweg vorbeifahren.
Interessantes Video zum Vergleich: Busfahrer, die ausprobieren, wie es ist, am Rad knapp überholt zu werden. Es geht auf der Nibelungenbrücke aber nicht um Busfahrer im Speziellen, sondern darum, dass der Abstand vom Radweg zur Fahrbahn nur 39 cm beträgt. Der gesetzlich geforderte Sicherheitsabstand wird damit nicht eingehalten (Radlobby Linz)
Solange der Abstand baulich nicht vergrößert werden kann, muss das Tempo des Autoverkehrs auf der Brücke angepasst werden, damit die RadfahrerInnen am Radweg nicht gefährdet werden. Die Rahmenbedingungen sind hier nach den schwächsten VerkehrsteilnehmerInnen auf bzw. unmittelbar neben der Straße festzulegen.
Ausschlaggebend für die Sicherheit der RadfahrerInnen ist hier jeweils nur die rechte von 3 Fahrspuren, möglich wäre also auch eine differenzierte Geschwindigkeitsregelung.
So könnte eine Tempo-30-Schutzzone am rechten Fahrstreifen angezeigt werden (Radlobby Linz)
Schritt 4: Verbesserte Anschlüsse, etwa Radroute über Hauptplatz
Als weitere Maßnahme sollte der Radweg-Anschluss über Hauptplatz rot markiert werden. Der Radweg nach der Nibelungenbrücke endet am Hauptplatz unvermittelt in einem Taxistellplatz. Es kommt dadurch laufend zur Gefährdung sowohl von Taxigästen als auch von RadfahrerInnen. Die Radlobby Linz schlägt eine Fortführung der roten Radwegmarkierung über den Hauptplatz vor. Auf der Nibelungenbrücke hat die rote Markierung des Radfahrstreifens bereits jetzt zu einer Verminderung der Konfliktsituationen geführt.
Roter Radweg über Hauptplatz im Anschluss an Nibelungenbrücke (Fotomontage basierend auf Google Maps)
Über den Hauptplatz sollte die Radroute Richtung Süden bis Schmidtorstraße durch eine minimale, kostengünstige bauliche Anpassung im Bereich neben den Straßenbahnschienen geführt werden. Dies ist sicherer als jetzt quer durch die Fußgängerzone am westlichen Hauptplatz und wird bei Märkten und ähnlichen Veranstaltungen nicht ständig unterbrochen.
Auch im nördlichen Bereich der Brücke sind noch einfach einige Sicherheitsverbesserungen möglich, etwa durch Markierungen und Schützen von Radwegen mit Pollern.
Jetzt ohne Baumaßnahmen erste Klimaschutzmaßnahmen auf der Nibelungenbrücke starten
Zusammengefasst: Es geht beim Klimaschutz nicht mehr darum, irgendwann Schritte zu setzen. Sofort mögliche Maßnahmen sind krisenbedingt unmittelbar umzusetzen. Dass sich in zwei Jahren etwas auf der Brücke für den Radverkehr verbessern wird, ist kein Argument, naheliegende Verbesserungen nicht jetzt schon zu machen. Es sollte realistischerweise auch darauf hingewiesen werden, dass die Zusagen für Verbesserungen im Jahr 2025 zwischen „vielleicht“, „sehr wahrscheinlich“ bis „wir prüfen das derzeit“ schwanken, also noch nicht unter allen politischen Entscheidungsträgern final akkordiert zu sein scheinen.
Seit 30 Jahren dürfen RadfahrerInnen nur auf einem schmalen gefährlichen Radweg die Brücke überqueren. Eine hohe Stufe zur Fahrbahn erzeugt eine Absturzgefahr und durch den nicht vorhandenen Sicherheitsstreifen zur Fahrbahn kann eine derartige Situation durch auf den Radweg tretende FußgängerInnen unvermittelt passieren. In einzelnen Bereichen müssen die RadfahrerInnen auf der Fahrbahn fahren, wo starker und zu schneller Kfz-Verkehr vorherrscht.
Verbesserungen sind seit Jahrzehnten versprochen: Die Linzerinnen und Linzer wurden vor 8 Jahren auf die unmittelbare Zeit nach der Fertigstellung der Eisenbahnbrücke bzw. auch der VOEST-Brücke vertröstet, was jetzt schon wieder über ein Jahr in der Vergangenheit liegt.
Die gute Nachricht: Die hier aufgelisteten ersten Meilensteine für eine Verkehrswende sind sofort, sehr günstig & ohne Baumaßnahmen umsetzbar. Es geht etwa um wenige Sekunden, die der Autoverkehr eingebremst werden muss. Eine kostenlose Tempobremse kann mehr als eine Million Radfahrende pro Jahr vor vorbeibrausenden LKWs und Autos schützen!
Es geht um ein fehlendes Schild für das Reissverschlusssystem vor dem AEC. Diese seit 1.10.2022 neue StVO-Regelung kennt leider noch keiner.
Und es geht um die bessere Ausführung von Anschlüssen rund um die Brücke. Die verbesserte Routenführung ist auch noch nach 2025 - bei zwei neuen Radspuren auf der Brücke - notwendig und kann nun schon umgesetzt werden.
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