Wen als Linzer Bürgermeister wählen? Der Radcheck zur Stichwahl!

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Linz will Klimahauptstadt werden, sich dem Klimawandel anpassen, die Innenstadt menschengerechter machen und auf ein zukunftstaugliches Verkehrssystem umsteigen. Dies alles wird nur gelingen, wenn wir es viel mehr Menschen ermöglichen, sich in Linz sicher und bequem mit dem Fahrrad fortzubewegen. Denn dann werden einfach und günstig die öffentlichen Verkehrsmittel entlastet und der begrenzt verfügbare öffentliche Raum kann besser direkt für Menschen verwendet werden anstatt für immer mehr stauende oder parkende Autos .

Eine klare Vision und mutige Entscheidungen von der neuen Stadtspitze sind entscheidend, um die richtigen Weichen stellen. 

Wir haben daher eine Einstiegsfrage zur Vision und drei tiefergehende Fragen gestellt, mit denen die Kandidaten beweisen konnten, wie ernst es ihnen mit den beschlossenen Linzer Strategien in Bezug auf das Radfahren ist.

Die Positionen aller 7 Kandidat*innen beim 1. Wahlgang können Sie in einem anderen Artikel lesen.

Auf dieser Seite finden Sie nur mehr die Positionen der zwei Kandidaten, die es in die Stichwahl geschafft haben:

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1. Vision nachhaltiges Verkehrssystem

Mit der ersten Frage versuchten wir die Vision der Kandidaten für ein nachhaltiges Verkehrssystem in Linz zu erfragen. Hier erwarteten wir keine verbindlichen Aussagen, die Kandidaten konnten auf die offenen Fragen, ihre Ideen und Visionen formulieren.

Die Aussage von Dietmar Prammer (SPÖ) überzeugt uns grundsätzlich. Beim Kandidaten Michael Raml (FPÖ) sticht die fehlende Vision bezüglich einer fahrradfreundlichen Stadt heraus.

2. Budget fürs Rad: 100 Mio. € bis 2042

Mit unserer zweiten Frage wollten wir die Zustimmung zu einem Budget von 100 Mio. Euro für den Radverkehr bis 2042 ergründen.

Eine Absage hat es von Michael Raml (FPÖ) gegeben.

Beim Kandidaten Dietmar Prammer (SPÖ) hören wir aus der umfassenden Antwort zwar kein eindeutiges Ja heraus, im Vergleich ist Dietmar Prammer (SPÖ) aber noch der Gewinner.

3. Ausreichend Personal fürs Rad

Bei unserer 3. Frage nach ausreichend viel Personal für den Radverkehr haben wir aus der Antwort von Michael Raml (FPÖ) Zustimmung herausgelesen. Bei der Antwort von Dietmar Prammer (SPÖ) war für uns keine Ablehnung, jedoch auch keine deutliche Zusage erkennbar.

Für uns ist klar, dass selbst ausreichend Budget für den Radverkehr nichts hilft, wenn die Projekte dann am Personalmangel scheitern. Umgekehrt wird ausreichend Personal mit unzureichendem Budget auch nicht funktionieren.

Diese permanente Personalnot gibt es z.b. für Großprojekte des Straßenverkehrs oder des Öffentlichen Verkehrs in Linz nicht und muss vom neuen Bürgermeister gelöst werden.

4. “Mehr Radverkehr = weniger Autos”

Mit unserer 4. Frage, wollten wir erkunden, ob den Kandidaten die Auswirkung der oftmals lediglich plakativ erhobenen Forderung “Mehr umweltfreundlicher Verkehr!” klar ist. Wie können die Kandidaten eine Mobilitätswende als Gemeinschaftsaufgabe kommunizieren?

Für Dietmar Prammer (SPÖ) ist erfreulicherweise klar: Ein Plus beim Radverkehr muss durch eine Reduktion des Autoverkehrs erreicht werden und es scheinen Ideen und Ansätze für die Kommunikation vorhanden zu sein.

Der FPÖ-Kandidat Michael Raml scheint die Notwendigkeit einer Reduktion des Autoverkehrs jedoch nicht erkannt zu haben und ist der Verlierer bei dieser Frage.


Es folgen die detaillierten Fragen und Antworten der beiden Kandidaten.

1. Wie schätzen Sie die Situation für Radfahrer*innen in Linz derzeit ein? Was ist Ihre Vision?

Wo fahren Sie persönlich gerne Rad in Linz, wo eher ungern? 

Alternativ wenn es für Sie beruflich schwierig ist, selbst Rad zu fahren: Wo glauben Sie, dass die Linzer*innen gern mit dem Rad fahren? Und wo glauben Sie, dass die Linzer*innen eher ungern mit dem Rad fahren?

DIETMAR PRAMMER (SPÖ)

Mein Alltag erlaubt es mir nicht oft, mit dem Rad unterwegs zu sein. Meistens muss es schnell gehen, oder es ist schlicht nicht möglich, das Rad mitzunehmen. Aber in meiner Freizeit und wann immer es die Zeit erlaubt, bin ich gern mit meinem Rad unterwegs. Ich kokettiere dabei nicht mit meiner Sportlichkeit – die ist durchschnittlich, und genau deshalb schätze ich mein E-Bike. Es erleichtert mir das Fahren, auch in die hügeligeren Teile der Stadt.

Besonders schön finde ich den Donauradweg. Er bietet nicht nur eine hervorragende Strecke für Radfahrer*innen, sondern auch ein herrliches Stadtpanorama. Ich glaube, dass diese Strecke vielen Linzer*innen Freude macht und sie gern mit dem Rad dort unterwegs sind.

Weniger angenehm ist derzeit noch die Nibelungenbrücke. Für Radfahrer*innen wie auch für Fußgänger*innen fehlt hier ausreichend Platz, was die Nutzung oft schwierig und wenig einladend macht. Ich finde es schade, dass die geplanten Verbesserungen noch nicht umgesetzt wurden und das Projekt auf nächstes Jahr verschoben wurde. Hier braucht es dringend eine Lösung, um die Verkehrssituation für alle Beteiligten zu entschärfen.

MICHAEL RAML (FPÖ)

Ich gehe lieber zu Fuß.

[Antwort auf die Alternativ-Frage, wo Linzer*innen gerne bzw. ungerne mit dem Rad fahren:] Besonders gern an der Donaulände; ungerne wahrscheinlich auf bzw. nah bei dicht befahrenen Straßen

Ihre Vision: Und wie denken Sie, müsste ein Verkehrssystem ausschauen, das es den Linzer*innen ermöglicht, sicher und komfortabel Rad zu fahren - und zwar von jung bis alt?

DIETMAR PRAMMER (SPÖ)

Das Verkehrssystem muss vor allem gut durchdacht und vernetzt sein. Es braucht durchgängige, sichere Radwege, die die Stadtteile miteinander verbinden und dabei sowohl Hauptverkehrswege als auch kleine Nebenstraßen berücksichtigen. Wichtig ist, dass Radfahrer*innen konfliktfrei unterwegs sein können – also getrennt und sicher von Fußgänger*innen und dem motorisierten Verkehr, insbesondere an neuralgischen Punkten wie Kreuzungen oder Brücken.

Zusätzlich sind ausreichend sichere und idealerweise überdachte Abstellmöglichkeiten wichtig, besonders in der Nähe von Wohnhäusern, Schulen, Arbeitsplätzen und Freizeiteinrichtungen.

MICHAEL RAML (FPÖ)

Radwege, dort wie sie möglich sind, ohne den Autoverkehr oder Fußgänger wesentlich einzuschränken

Gibt es für Sie vorbildhafte Städte diesbezüglich?

DIETMAR PRAMMER (SPÖ)

International sind es natürlich Amsterdam oder Kopenhagen, wenn wir aber nach Österreich schauen, können wir uns durchaus auch Inspiration etwa aus Wien holen.

MICHAEL RAML (FPÖ)

Dazu habe ich kein Beispiel.

2. Radverkehr braucht Infrastruktur - und dafür braucht es Geld!

Werden Sie als Bürgermeister*in sicherstellen, dass ein Budget von insgesamt mindestens 100 Mio. Euro bis 2042 bereitgestellt wird, damit das in der Linzer Fahrradstrategie formulierte Ziel von 25 % Radverkehrsanteil erreicht werden kann?

Wenn nicht, wie rechtfertigen Sie diese fehlende Priorisierung angesichts vergleichbarer Investitionen in andere Verkehrsprojekte wie der Stadtbahn oder der A26?

Hintergrund der Frage: Linz hat derzeit einen Radverkehrsanteil von 10,7 %, das sind 65.600 Wege pro Tag, die Linzer*innen mit dem Fahrrad zurücklegen. In der vom Gemeinderat beschlossenen Linzer Fahrradstrategie werden 25 % Radfahranteil bis zum Jahr 2042 angestrebt, was zusätzliche 85.000 Wege pro Tag mit dem Fahrrad bedeutet.

Dazu ist ein ausreichendes Budget von mindestens 100 Mio. Euro notwendig, wenn man sich an vergleichbaren Projekten orientiert, etwa den Kosten von rund 1.000 Millionen Euro für ein Stadtbahnsystem mit rund 30.000 Fahrgästen pro Tag. Ebenso ist noch immer geplant, mit der Fertigstellung der A26-Autobahn um insgesamt mehr als 1.200 Millionen Euro ein nicht mehr zeitgemäßes Autobahnprojekt für rund 40.000 Kfz-Wege zu errichten.

Nationale und internationale Best Practices zeigen: Für eine derartige Verdopplung des Radverkehrsanteils wird ein jährliches Radverkehrsbudget von 30-50 Euro pro Einwohner*in als notwendig erachtet - je nach Ausgangslage. Linz hatte lange Zeit jährlich nur 2-3 Euro / Einwohner*in, seit letztem Jahr 10 € / Einwohner*in.

In Österreich hat die Stadt Graz als Best practice Beispiel für einen deutlichen Schub beim Radverkehr insgesamt 100 Millionen für die nächsten 10 Jahre geplant.

DIETMAR PRAMMER (SPÖ)

Im Jahr 2023 haben wir einen wichtigen ersten Schritt gesetzt und das Budget für Radinfrastruktur auf 10 Euro pro Einwohner*in deutlich erhöht. Damit haben wir uns besser an die Budgets vergleichbarer Städte angepasst und ein klares Signal für die Förderung des Radverkehrs gegeben. Um die langfristigen Ziele der Linzer Fahrradstrategie – wie den 25 % Radverkehrsanteil – zu erreichen, ist es jedoch notwendig, das Budget dauerhaft auf ein wettbewerbsfähiges Niveau anzuheben, wie es auch in der Linzer Fahrradstrategie beschlossen wurde. Die Budgetverhandlungen für die Radinfrastruktur liegen beim zuständigen Mobilitätsreferenten und werden mit der Finanzreferentin geführt. Darüber hinaus ist für das Budget auch noch ein Gemeinderatsbeschluss erforderlich.

Unser Ziel ist es, Linz zu einer fahrradfreundlichen Stadt weiterzuentwickeln und dabei die Infrastruktur kontinuierlich zu verbessern. Gleichzeitig müssen wir jedoch die Bedürfnisse aller Verkehrsteilnehmer*innen berücksichtigen. Viele Linzer*innen und Pendler*innen sind weiterhin auf das Auto angewiesen, um ihre Arbeitsplätze, Schulen oder andere Ziele zu erreichen. Hier braucht es passende Rahmenbedingungen und einen ausgewogenen Verkehrsmix, der Verkehrsberuhigung mit attraktiven Alternativen wie Rad- und öffentlichen Verkehrslösungen kombiniert.

Linz ist eine Stadt der Arbeit und ein zentraler Industriestandort. Mit fast genauso vielen Arbeitsplätzen wie Einwohner*innen ist Linz nicht nur für die städtische Bevölkerung, sondern auch für die über 109.000 Menschen, die täglich aus dem Umland einpendeln, von enormer Bedeutung. Besonders die Pendler*innenströme aus dem Mühlviertel stellen eine große Herausforderung dar und erfordern gut ausgebaute Verkehrswege, die effiziente Mobilität gewährleisten.

Große Infrastrukturprojekte wie die Stadtbahn oder die A26 haben nicht nur das Ziel, die Mobilität innerhalb der Stadt zu verbessern, sondern auch die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität von Linz und der gesamten Region langfristig zu sichern. Diese Investitionen schaffen die Grundlage für eine moderne, lebenswerte Stadt, die den Bedürfnissen von Bewohner*innen, Arbeitnehmer*innen und Unternehmen gleichermaßen gerecht wird.

Wir setzen uns dafür ein, den Verkehr in Linz so zu gestalten, dass die Lebensqualität steigt, die Erreichbarkeit verbessert wird und zugleich nachhaltige Mobilitätslösungen vorangetrieben werden. Radverkehr wird dabei eine zentrale Rolle spielen, eingebettet in ein Gesamtkonzept, das die unterschiedlichen Anforderungen der Mobilität in unserer Stadt berücksichtigt.

MICHAEL RAML (FPÖ)

Nein, das kann ich nicht versprechen. Wir stehen auch vor großen finanziellen Herausforderungen im ÖV und im IV, die ich für vorrangig halte.

3. Städtische Mobilitätsplanung - Radverkehrsprojekte sollen nicht am Personalmangel scheitern!

Wie werden Sie als Bürgermeister*in dafür sorgen, dass Radverkehrsprojekte nicht mehr - wie derzeit der Fall - am Personalmangel scheitern?

Haben Sie konkrete Ideen, wie z.B. kurzfristig der Personalstand in der Mobilitätsplanung erhöht werden soll?

Hintergrund der Frage: Für die Umsetzung des in der Fahrradstrategie genannten Zieles von 25 % Radverkehrsanteil braucht es genug Personal, welches Projekte erarbeiten, planen und in die Umsetzung begleiten kann. Andere Städte, die eine derartige Transformation anstreben, gründen eigene städtische Gesellschaften, die Öffentlichkeitsarbeit und Planungsaufgaben für den Radverkehr übernehmen.

Damit die Qualität neuer Radinfrastruktur von Anfang an stimmt, sollten auch nationale und internationale Best Practices beachtet werden. Wien hat etwa 2024 echte Radhighways gebaut, eine Fahrradstraße gemeinsam mit niederländischen Expert*innen geplant sowie erstmals eine Diagonalquerung über eine Kreuzung eingesetzt - alles Instrumente einer innovativen Verkehrsplanung, für die es entsprechende Expertise des
Personals braucht.

DIETMAR PRAMMER (SPÖ)

Grundsätzlich liegt es auch hier in der Verantwortung des Mobilitätsreferenten, Umschichtungen und Priorisierungen vorzunehmen, um die budgetären Mittel zielgerichtet für die Umsetzung der Fahrradstrategie einzusetzen.

MICHAEL RAML (FPÖ)

Ich möchte dafür sorgen, dass sich die Stadt wieder stärker auf ihre Kernaufgaben fokussiert, dazu gehört insbesondere der Ausbau der baulichen Infrastruktur und dafür soll es ausreichend Personal geben.

Personelles sowie finanzielles Einsparungspotential, um diese Ressourcen zu ermöglichen, sehe ich beispielsweise beim sogenannten „LGBTIQ Kompetenzzentrum“ der Stadt sowie bei den ausufernden Klimastabstellen im Magistrat.

4. Mehr Radverkehrsanteil: Von welchen anderen Verkehrsmitteln soll sich der Anteil am Modal Split zugunsten des Radverkehrs verlagern und wie kommunizieren Sie dies?

Der umweltfreundliche Verkehr soll zunehmen. Dazu wurde vom Gemeinderat mit der Linzer Fahrradstrategie die Steigerung des Radverkehrsanteils von derzeit 10,7 % auf 25 % bis 2042 festgelegt.

Bei welchen anderen Verkehrsmittel sollen die rund 14 % am Modal Split reduziert werden und wie wollen Sie dies erreichen?

Wie haben Sie vor, dies entsprechend an die Linzer*innen zu kommunizieren?

Hintergrund der Frage: Bei der plakativen Forderung “Mehr umweltfreundlicher Verkehr!” wird oft vergessen, dass andere Verkehrsformen dafür weniger werden müssen: Es ist ja von einem Anteil am Gesamtverkehr die Rede.

Es stellt sich die Frage, wie dies der*die Bürgermeister*in kommunizieren will. Eine Mobilitätswende ist eine Gemeinschaftsaufgabe. Der*die Bürgermeister*in kann als Botschafter*in auftreten, etwa die Vorteile des Radfahrens hervorheben und eine breite gesellschaftliche Unterstützung fördern.

Als Aushängeschild der Stadt sollte der*die Bürgermeister*in Linz auch als zukunftsorientierte und nachhaltige Klimahauptstadt etablieren. Radverkehr ist ein sichtbares Zeichen für die Transformation dorthin.

DIETMAR PRAMMER (SPÖ)

Unser Ziel ist es, den motorisierten Autoverkehr, insbesondere in der Innenstadt, deutlich zu reduzieren. Bereits mit dem Innenstadtkonzept haben wir erste Schritte gesetzt und wichtige Grundlagen geschaffen. Dabei liegt der Schwerpunkt auf Verkehrsberuhigung, indem wir vor allem den motorisierten Durchzugsverkehr möglichst unterbinden, und der Umgestaltung des öffentlichen Raums, um diesen für Fußgänger*innen und Radfahrer*innen attraktiver zu machen.

Wesentlich für die Umsetzung ist die Förderung umweltfreundlicher Alternativen wie des Radverkehrs und des öffentlichen Nahverkehrs. Dazu gehört der Ausbau sicherer und durchgängiger Radwege, die Verbesserung der Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel und die Schaffung eines ausgewogenen Verkehrsmixes, der den Bedürfnissen aller gerecht wird.

MICHAEL RAML (FPÖ)

Ich sowie die FPÖ haben der Radstrategie nicht zugestimmt, insofern müssen die dafür verantwortlichen Fraktionen diese Frage beantworten. Ich jedenfalls stehe für die freie Wahl des Verkehrsmittels und werde keine Verdrängungen unterstützen.
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