Bauprogramm 2021 veröffentlicht

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Wiens Rad-Bauprogramm ist veröffentlicht und ist mager ausgefallen. Von der Erfüllung der Wahlversprechen und dem angekündigten großen Wurf ist die vor fünf Monaten angelobte Stadtregierung noch weit entfernt. Statt der anvisierten 26 Millionen Euro 2021 sind nun doch nur etwa 10 Millionen an Investitionen geplant. Die Hälfte der Maßnahmen ist kürzer als 300 Meter; 80 Prozent sogar kürzer als ein Kilometer. Positiv zu sehen ist die mehrheitlich richtige Wahl der Anlageform wie Radwege und Fahrradstraßen auf Hauptradrouten sowie deren Qualität. Oft bleibt es jedoch leider bei herkömmlichen Einbahnöffnungen, fahrradfreundlichen Straßen oder ähnlichem. 

Bauprogramm 2021: Die Radlobby Einschätzung

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Gute Radwege und Fahrradstraßen sind auch Ihnen ein Anliegen? Werden Sie Mitglied!

 

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Am Kanal 

Eine sehr wichtige und besonders positiv hervorzuhebende Verbesserung stellen die baulichen Querungshilfen in der Geiselbergstraße im Zuge der Route Am Kanal dar. Sie wird voraussichtlich ein Vorzeigebeispiel für Querungen von Hauptradrouten und Schienenstraßen. Die Radlobby Wien hatte mehrmals interveniert und Verbesserungen eingefordert. Die Route "Am Kanal" hat sehr viel Potenzial und keine Ampeln, zwischen Zentralfriedhof und St. Marx ist sie allerdings sehr schmal mit teilweise engen Verschwenkungen. Hier wechseln sich (Geh-&)Radwege mit Fahrradstraßen ab, Knackpunkt wird, ob die Route durchgängig gegenüber niederrangigen Seitengassen bevorrangt wird.

Lobgrundstraße

In der entsteht ein Zweirichtungsradweg (Bestandteil Donauradweg) durch das OMV Zentraltanklager im Ölhafen Lobau. Derzeit radelt man dort im Mischverkehr; Alltagsradfahrende, Radtouristen und Familien müssen sich die Tempo 50 Fahrbahn mit Schwerverkehr teilen. Das Projekt ist gleichzeitig das längste aber auch das periphärste Projekt des Bauprogramms 2021.

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Gunoldstraße 

In der Gunoldstraße von Boschstraße bis Heiligenstädter Brücke ensteht ein Zweirichtungsradweg, in der Geistingergasse inklusive Querung Heiligenstädter Straße wird die Einbahn geöffnet, die Muthgasse bekommt einen Einrichtungsradwege und neben der Heiligenstädter Brücke wird ein neuer Steg eröffnet. Diese Verbesserung stellt einen sehr wichtigen und lange erwarteten Lückenschluss dar; Qualität leicht überdurchschnittlich.

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Verkehrsstadträtin Ulli Sima und Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy bei der Präsentation des Bauprogramms.

Franz-Grill-Straße 

Die Franz-Grill-Straße ist eine neu errichtete Tempo 50 Hauptstraße zwischen Südbahnhofbrücke und Landstraßer Gürtel. Ein Zweirichtungsradweg auf der westlichen Straßenseite ist Teil dieses Straßenneubaus. An den Enden wird jeweils von Zweirichtungsverkehr auf Rechtsverkehr umgestellt, was zu komplexen Kreuzungssituationen führt. Unglücklich gelöst sind die Ampelkreuzungen. Der Radweg endet stumpf, Fußgänger-Aufstellflächen fehlen.

Liniengasse

Die Hauptradroute Liniengasse wurde vor über 21 Jahren als Hauptradroute festgelegt und ist seitdem als "Bestand" angeführt, obwohl nicht durchgäng befahrbar. Im Jahr 2021 sollen nun zwei Häuserblöcke beidseitig befahrbar werden. Von Millergasse bis Aegidigasse wird die Einbahn geöffnet, ebenso wird der Gehsteig verbreitert. Zwei Abschnitte fehlen noch: Gfrornergasse bis Aegidigasse und Loquaiplatz bis Gumpendorfer Straße (Worellstraße). Wann die kommen ist ungewiss.

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Adolf Blaumauer Gasse 

Entlang des S-Bahn-Kanals wird eine Grünfläche und Parkspur zum Zweirichtungsradweg. Die Otto-Preminger-Straße hätte zur ersten Fahrradstraße Wiens mit Busverkehr werden sollen. Leider wird sie es trotz vollständigem Neubau nicht, nur "fahrradfreundlich"; nebeneinander Fahrradfahren verboten.

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Hans-Czermak-Gasse

Hier entstehen im Zuge eines kompletten Straßenneubaus zwischen Angyalföldstraße bis Satzingerweg zwei Einrichtungsradwege in der Hans-Czermak-Gasse (heute Mischverkehr). 

Radroute Vorortelinie

Paltaufgasse - Ottakringer Straße - Weinheimergasse - Heigerleinstraße zwischen Alszeile und Thaliastraße 

Wichtige tangentiale Verbindung in der Heigerleitstraße, der Radweg in der Paltaufgsasse und Ottakringer Straße ist allerdings zu schmal. Die Heigerleinstraße gehört ordentlich verkehrsberuhigt. Hier fehlen in den Planungen ordentliche Verkehrsfilter, wir setzen uns ein, dass diese kommen! Für die familientaugliche Radroute Vorortelinie.

Goldschlagstraße

Die Radroute Goldschlagstraße, 2016 mit der Goldenen Speiche ausgezeichnet, wird weiter als fahrradfreundliche Straße ausgebaut; und zwar von Ameisgasse bis Amortgasse und von Reinlgasse bis Sturzgasse. 

Die Goldschlagstraße stellt für viele RadfahrerInnen eine gute Verbindung Richtung Zentrum dar, auch wenn es noch Abschnitte mit deutlichem Verbesserungsbedarf gibt. Umso erfreulicher, dass weitere Abschnitte zur fahrradfreundlichen Straße gemacht werden. Bessere Qualität würde jedoch eine Fahrradstraße bieten.

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Die Goldschlagstraße im 15. Bezirk, hier als Fahrradstraße

Fahrradstraßen

2021 werden weitere sieben Fahrradstraßen und fünf fahrradfreundliche Straßen errichtet. Dieses Bündel an Verbesserungen ist ein konkretes Ergebnis des Masterplan Fahrradstraßen nach der Fahrradstraßen-Petition der Radlobby Wien. Wir hatten mind. eine Fahrradstraße pro Bezirk bis 2020 gefordert, nach wie vor haben allerdings bei weitem nicht alle der 23 Bezirke eine Fahrradstraße. 

Geplante Fahrradstraßen (FS) bzw. fahrradfreundliche Straßen 2021:

Fahrradstraßen: 

3. Bezirk: Helmut-Qualtinger-Gasse, Maria-Jacobi-Gasse (in Bauvorbereitung)

3. Bezirk: Henneberggasse (in Bauvorbereitung)

3. Bezirk: Markhofgasse (in Bauvorbereitung)

Mit diesen drei Stücken entsteht die erste Kreuzung zweier Fahrradstraßen in Wien. Leider sind die Stücke kurz und jetzt schon sehr ruhig. Die Fahrradstraße ist die richtige Anlageart, hier jedoch mit geringer verkehrlicher Relevanz eingesetzt.

9. Bezirk: Boltzmanngasse von Alserbachstraße bis ONr. 18 (in Bauvorbereitung)

Hier wird eine wichtige und angenehme Verbindung verbessert. 

9. Bezirk: Währinger Gürtel Nebenfahrbahn gegenüber AKH (in Bauvorbereitung)

Dieses Upgrade ist in Ordnung, hat aber nur geringe verkehrliche Bedeutung zur Steigerung des Radverkehrs.

Fahrradfreundliche Straßen:

1. Bezirk: Canovagasse zwischen Ring und Karlsplatz

Diese Maßnahme besteht aus 2-3 Verkehrszeichen und ein paar Bodenmarkierungen. Da dieser Straßenzug Teil der Radschnellverbindung Süd ist, wäre eine Fahrradstraße angebracht gewesen. Besonders wichtig wäre die Fortsetzung in der Argentinierstraße als Fahrradstraße.

3. Bezirk: Otto-Preminger-Straße (in Bauvorbereitung)

In Kombination mit einem neuen Steg über die S-Bahn Hauptstrecke entsteht hier eine neue Straße mit Busverkehr als "fahrradfreundliche Straße" zwischen Fasanviertel und Station St. Marx.

3. Bezirk: Haeussermannweg (in Bauvorbereitung)

14. Bezirk: Goldschlagstraße von Ameisgasse bis Amortgasse und von Reinlgasse bis Sturzgasse (in Bauvorbereitung)

Selbst mit dem Bauprogramm 2021 werden viele Bezirke jedoch weiterhin keine Fahrradstraßen haben. Wo bleiben die Fahrradstraßen am Innenring (1.), die Argentinierstraße (4.), Mittersteig (5.), Lindengasse (7.), Zeltgasse-Pfeilgasse (8.), Hahngasse (9.), Arndtstraßestraße (12.), Hasnerstraße (16.), Geblergasse (17.), Schulgasse (18.), Weinberggasse-Hackenberggasse (19.), Treustraße (20.), An der Oberen Alten Donau (21., 22.) und viele mehr? Wir hoffen dass 2022 ein weiterer Schub Fahrradstraßen folgt.

Fazit zum Bauprogramm 2021:

Die Liste der Projekte 2021 ist kein Bauprogramm einer Verkehrswende. Zwar werden einige Stellen verbessert, die großen Lücken im Radverkehrsnetz sind jedoch wieder nicht dabei. Es fehlt in Wien eine große Anzahl an wichtigen Verbindungen, die man entspannt und sicher beradeln kann. Ohne ein Netz durchgängiger und sicherer Radwege (o.ä.) gibt es keine echte Wahlfreiheit, das Rad nehmen zu können statt dem Auto. An vielen Wiener Hauptstraßen braucht es endlich baulich getrennte Radwege beziehungsweise in den Wohnvierteln Kfz-verkehrsberuhigte Fahrradstraßen!

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Radlobby Wien Sprecher Roland Romano: "Bei vielen ist offenbar eine zeitgemäße Verkehrspolitik noch nicht angekommen. Damit Wien nicht durch die Klimakrise und den Autostau zurückfällt, braucht es neue Mobilitätsangebote im Umweltverbund. Damit die Bezirke mehr Leute fürs Radfahren begeistern, heißt es: über den Tellerrand schauen und Radwege sowie Fahrradstraßen bauen, damit in der Stadt mehr Platz in den Straßen für Grün, Lebensqualität und notwendige Verkehre frei wird."