Neue Leihradsysteme kommen: Flut oder Segen?

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Da rollt einiges auf Wien zu: zwei große asiatische Anbieter von öffentlichen Leihrädern ("Public Bike Sharing Systems" -  PBSS) werden in Kürze in Wien ihre Angebote auf die Straße stellen. Man spricht von tausenden Rädern in naher Zukunft, die zu geringem Tarif stationslos ("free floating") via Smartphone-App entlehnbar sein werden. Das kann eine sinnvolle Ergänzung zum Citybike-System sein oder eine unsteuerbare Überraschug aus Fernost. Denn Skepsis ist angebracht, wie auch andere internationale Roll-Outs von Ofo, O-Bike oder Mo-bike (wie die drei Giganten verwechselbar heißen) zeigen. Es gibt weder gesetzliche Handhabe um das unerfragte Angebot zu steuern, noch ist klar wie die Finanzstrategie der dahinter steckenden Internetkonzerne aussieht.

Zürich und Manchester machen schon ihre gemischten Erfahrungen damit, und in einer der Ursprungsstädte Hangzhou gibt es viel zu lernen über die Auswüchse. 200 Fahrräder von Ofo sollen nun im 2. Bezirk die Vorhut bilden.

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Probleme vor der Tür?

Nach eingehender Beschäftigung mit den Vor- und Nachteilen der neuen Anbieter sieht die Radlobby Wien folgende 5 Problemfelder, die nur die Stadt Wien gemeinsam mit den Anbietern auf dem Verhandlungsweg lösen kann:

  1. Radstellplätze: Mehrere hundert oder gar tausende Räder mehr in Wien, die öffentliche Radstellplätze besetzen, obwohl 18.000 davon in Wien fehlen.
  2. Unordung und Behinderung: Zahlreiche Leihräder, die ungeordnet abgestellt werden mangels Radbügel, Schloss und Rechtskenntnissen der Benutzer und so auch FußgängerInnen behindern werden.
  3. Ungleiche Verteilung von hunderten Leihrädern, die sich ohne entsprechende Verschublogistik und Controlling an neuralgischen Punkten (z.B. Ubahn-Stationen) häufen werden und an anderer Stelle fehlen könnten.
  4. Fehlende Rechtsgrundlagen, damit Städte das Angebot von Leihradsystemen im Sinne der Bevölkerung regulieren können oder den Anbietern Qualitätszusagen abringen können.
  5. Mangelnde Nachhaltigkeit und Zuverlässigkeit, da freie kapitalorientierte Anbieter weder an andauernder Nutzbarkeit der Räder interessiert sind noch vor raschem Rückzug zurückschrecken sobald die Konzernziele nicht eingehalten werden.

Die Radlobby sieht in dem neuen Angebot durchaus eine Chance für ein breiteres Mobilitästangebot, aber nur wenn diese fünf Problemfelder gelöst werden können. Die nächsten Monate werden zeigen, ob die Verantwortlichen dazu im Stande sind. Wir empfehlen jedenfalls Hinweise auf den Rädern anzubringen, wo man legal Räder abstellen darf (INFO). Im Bereich der Ordnungserhaltung ist uns schon ein strenges Einschreiten der MA48 zugesagt worden, überall wo Behinderungen durch die PBSS-Räder auftreten. Bis dahin: Happy ofoing and o-biking! Aber nur ein Citybike findet man zuverlässig dort, wo man weiß dass es steht.